Wem gehört's? Streit um "Grias di"

MÜNCHEN Die Fronten sind verhärtet im Gruß-Krieg: Zwei Allgäuer Unternehmer und viele Tiroler streiten, wem der Ausdruck „Griaß di“ gehört - jetzt schießt auch ein Unternehmer aus dem bayerischen Oberland gegen den Allgäuer. Es geht um T-Shirts: Philipp Reindl aus Tirol verkauft welche, auf denen „Schleich di“ steht oder „Griaß di“, die in Bayern und in Österreich geläufige Grußformel. Jetzt bekam er Post aus dem Allgäu: Vom Anwalt der Unternehmer Peter Mayr und Edmund Abell. Auch sie verkaufen T-Shirts, unter anderem mit dem allgäuerischen Spruch „Nur it hudeln“ und mit dem polyglotteren „Griaß di.“ Sie wollen dem Tiroler verbieten, seine Shirts zu verkaufen. Denn sie haben sich „Griaß di“ als Marke schützen lassen.
Tirol ist empört: Nicht nur Philipp Reindl, der sich juristisch wehren will, sondern auch eine Tiroler Versicherung, die mit „Griaß di“-geworben hat, und diverse Juristen, die polemisieren, dass man in Tirol nur noch gegen Entgelt grüßen dürfe. Jetzt handelt auch der Präsident der Tiroler Wirtschafts-Kammer. „,Griaß di’ gehört uns Tirolern, da führt kein Weg vorbei“, sagt er und will die Marke löschen lassen. Empört ist auch Fabio Cinelli aus Wackersberg im Oberland. Auch er verkauft T-Shirts, mit „griabig“ drauf oder „liab“. „.Griaß di’ zu schützen ist doch absurd“, findet er. „Sprache muss frei verfügbar bleiben. Es kann doch nicht sein, dass sich jemand einen Ausdruck schützen lassen kann, zu dem keinerlei Kreativleistung gehört“. So etwas könne ihn möglicherweise seine Existenz kosten.
Das Markenrecht ist allerdings kompliziert. Man kann sich „Wortmarken“ schützen lassen – das heißt Ausdrücke ohne optische Elemente wie Schriftzug oder Logo. Lässt man die Marke beim deutschen Patent- und Markenamt eintragen, gilt das nur im Bundesgebiet. Die Allgäuer Firma hat „Griaß di“ für ganz Europa eintragen lassen – beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) im spanischen Alicante. Geschützt werden solche Wortmarken immer für bestimmte Waren- oder Dienstleistungsbereiche. Hier geschehen für die Bereiche 16, 25 und 40. Das bedeutet: für Papierprodukte, Bekleidung und Druckereiarbeiten.
Tiroler Experten sind sich sicher, dass die europäischen Prüfer des HBAM einen Fehler gemacht haben. Der Münchner Patentanwalt Wolfgang Keilitz von der Kanzlei patworx erklärt: „Je fantasievoller ein Markenname ist, desto eher wird er eingetragen. Sowas wie Coca Cola. Je allgemeiner er ist, umso eher kann der Schutz abgelehnt werden.“ Auch er hält die Eintragung von „Griaß di“ für „grenzwertig.“ Zumal das Bundespatentgericht den Schutz von „Bonsoir“ abgelehnt hat, weil der Verbraucher damit kein Produkt, sondern eben nur eine allgemein bekannte Grußformel verbinde. Und: Selbst wenn etwas als Wortmarke eingetragen wurde, heißt das noch lange nicht, dass es auf keinen Fall mehr ein anderer nutzen darf.
Beispiel Mario Barth: Der Komiker verkauft Merchandising-Artikel mit Sprüchen aus seinen Programmen, unter anderem mit „Nicht quatschen, MACHEN“. Er verklagte einen Internet-Händler, der T-Shirts mit dem gleichen Ausdruck anbot und verlor vor Gericht. Als Marke ist der Spruch trotzdem eingetragen.
Beispiel Baby-Body: „Der Aufdruck „Mit Liebe gemacht“ auf Badeklamotten ist zwar als Marke eingetragen, trotzdem entschied das Gericht, dass auch andere Hersteller das aufdrucken dürfen. „Es kommt immer darauf an, ob der Ausdruck wirklich markenmäßig verwendet wird“, erklärt Patentrechter Keilitz. Sprich: Wenn der Verbraucher mit dem Ausdruck keine bestimmte Firma oder Marke verbindet, wird es auch mit dem Schutz schwierig.
Auch der Aufdruck „DDR“ mit Hammer und Sichel-Symbol darf lauf BGH anderweitig aufgedruckt werden. Allerdings konnte sich der Hersteller von „Zicke“-T-Shirts vor Gericht durchsetzen. Dennoch macht Patentrechtler Wolfgang Keilitz den Tirolern Hoffnung: „Ich glaube nicht, dass sich das Verbot von ,Griaß di’ bei einem Rechtsstreit durchsetzen ließe“, meint er. Markenrechtlich vorgebaut hat im Übrigen auch Bully Herbig. Er ließt sich 2002 „Zipfeklatscher“ als Marke eintragen. In den Bereichen 9, 16, 21, 25 und 28, das heißt auch für „Lehr- und Unterrichtsmaterial“, für „Kämme und Schwämme“ und für „Christbaumschmuck“. Nur bundesweit. Der Zipfeklatscher hätte die Prüfer in Alicante vermutlich auch vollends überfordert.