Weltaidstag: Das Problem der alten Bilder in den Köpfen

Am Donnerstag ist Weltaidstag. Es geht um Aufklärung gegen Stigmata und um das Gedenken.
von  Carmen Merckenschlager
Die rote Schleife gilt weltweit als Symbol für die Solidarität mit Menschen, die sich mit HIV infiziert haben.
Die rote Schleife gilt weltweit als Symbol für die Solidarität mit Menschen, die sich mit HIV infiziert haben. © picture alliance / dpa

München - Blasse hagere Gestalten, mehr tot als lebendig. Das Bild von Aidskranken scheint immer noch in vielen Köpfen verankert. Dabei ist es längst überholt. Dennoch haben HIV-Positive immer noch mit Vorurteilen und Ausgrenzung zu kämpfen. Auch deshalb wird am heutigen 1. Dezember - wie schon seit rund 30 Jahren - der Weltaidstag begangen.

"Mit HIV kann man heute gut leben"

"Mit HIV kann man heute gut leben. Betroffenen steht quasi alles offen", sagt Bernd Müller, Sprecher der Münchner Aidshilfe und Assistent der Geschäftsleitung. Die Medizin habe sich in den vergangenen Jahren so enorm entwickelt, dass gesundheitliche Einschränkungen nur sehr gering sind.

Bernd Müller, Sprecher der Münchner Aidshilfe.
Bernd Müller, Sprecher der Münchner Aidshilfe. © Aidshilfe München

Auch in München gibt es Stigmatisierung

Das größere Problem sei die Stigmatisierung, auch in einer Großstadt wie München. "Die Menschen haben immer noch alte Bilder im Kopf. HIV oder gar Aids: Dabei denken viele an etwas Schmutziges, ans Rotlichtmilieu. Diese Vorurteile halten sich, weil es sich um eine sexuell übertragbare Krankheit handelt und deshalb häufig ein Tabuthema ist", erklärt Müller.

Vorurteile abbauen

Die Münchner Aidshilfe setzt auf Aufklärung, arbeitet mit Unternehmen zusammen, um auch in der Arbeitswelt ein Bewusstsein zu schaffen und nach und nach Vorurteile abzubauen. "Wir würden uns wünschen, das Menschen einen vernünftigen Umgang pflegen. Vorsicht und Bewusstsein sind wichtig. Aber bitte keine Panik haben", sagt Müller.

Die Stadt München hat sich zum Beispiel der Deklaration "positiv Arbeiten" verschrieben. Dadurch soll ein diskriminierungsfreier Arbeitsplatz geschaffen werden.

Gute Infrastruktur in München

"München ist einer der besten Orte der Welt, an denen man als HIV-positive Person leben kann", sagt Müller außerdem. Die Infrastruktur für Beratung, Hilfe und Versorgung sei in wenigen Städten so gut ausgebaut, wie in München. "Das liegt daran, dass hier vor allem die schwule Community in den 80ern schon sehr präsent war.

Die erste regionale Aidshilfe Deutschlands entstand in München - nach der bundesweiten in Berlin. Es gibt ein großes freiwilliges Engagement, viele Schwerpunktärzte waren schon damals hier ansässig", so Müller.

60 Menschen sterben jährlich in Bayern an HIV

Und dennoch sterben jährlich in Bayern noch rund 60 Menschen an HIV und Folgeerkrankungen. Rund 300 Neuinfektionen pro Jahr verzeichnet das Robert-Koch-Institut im Freistaat. Zahlen für München gibt es nicht. "Wir gehen von rund ungefähr der Hälfte der Fälle aus. München ist in dem Fall ein Hotspot", erklärt Müller.

Testtermine sind begehrt

Jährlich testet die Aidshilfe an ihrem Checkpoint, dem Testzentrum, rund 3.500 Menschen auf HIV und andere sexuell übertragbare Krankheiten. Die Testtermine sind meist über Wochen ausgebucht. Der Andrang habe sich während der Pandemie kaum verändert. "Ob es nun mehr oder weniger Infektionen gab in den vergangenen zwei Jahren, dazu gibt es keine seriösen Zahlen", so Müller.

Gedenken an die Verstorbenen

Weil HIV trotz aller medizinischen Meilensteine immer noch Todesopfer fordert - auch weil immer noch Infektionen unentdeckt bleiben - wird heute der Verstorbenen gedacht und der Blick zurück in die Vergangenheit gerichtet. Im Zuge dessen organisiert die Münchner Aidshilfe rund um Geschäftsführer Tobias Oliveira Weismantel wieder den Candle Light Walk - einen Spaziergang mit Kerzen vom Odeonsplatz zu St. Lukas im Lehel.

Tobias Oliveira Weismantel, Geschäftsführer der Münchner Aidshilfe.
Tobias Oliveira Weismantel, Geschäftsführer der Münchner Aidshilfe. © Aidshilfe München

Auch anderen Orts finden Aktionen zum Gedenken und zur Aufklärung statt. Das Zeichen für den Weltaidstag ist übrigens die rote geschwungene Schleife. Die wird heute sicher nicht nur bei dem Candle Light Walk zu sehen sein.


Neben der Münchner Aidshilfe (www.muenchner-aidshilfe.de) bietet auch die Caritas Beratung zum Thema HIV an (www.aidsberatung-caritasmuenchen.de)

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