Weitere Anklage im Drogenskandal bei der Münchner Polizei

München - Die umfangreichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München I im Drogen-Skandal um Beamte des Polizeipräsidiums neigen sich nach Jahren nun dem Ende zu. Die Behörde hat beim Amtsgericht jetzt gegen drei weitere, bereits suspendierte Polizisten Anklage erhoben.
Eine Anklage geht, wie die Staatsanwaltschaft am Donnerstag schriftlich mitteilte, von 69 Fällen des Erwerbs und Handels mit Kokain, Verrat von Dienstgeheimnissen und Unterschlagung von Dienstmunition aus.
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 37 Polizisten
In einer weiteren Anklageerhebung geht es um 21 Fälle des Besitzes, 27 des Erwerbs, zwei der Veräußerung, der Abgabe, Ausfuhr und der Weitergabe von Kokain, Partydrogen, Marihuana und Ecstasy.
Zur Verhandlung vor dem Amtsgericht kommen drei mutmaßliche Fälle des Besitzes von Marihuana, zwei des Verwahrungsbruchs im Amt sowie wegen einer Bildaufnahme, die eine hilflose Person zur Schau stelle.
Mit einem Gerichtsverfahren muss demnächst auch ein Beschuldigter und bereits suspendierter Polizeibeamter rechnen, der zunächst untergetaucht war und seit Anfang Oktober in Untersuchungshaft sitzt. Ihm werden unter anderem mehr als 150 Fälle des Erwerbs von Betäubungsmitteln, der Beihilfe zum Handel, der Abgabe und des Besitzes sowie die unerlaubte Überlassung einer Schusswaffe vorgeworfen. Gegen ihn werde demnächst Anklage erhoben, so eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.
Seit Mitte Juli 2018 ermittelt die Staatsanwaltschaft München I – zuletzt gegen 37 Polizisten, 31 Beamte aus dem Münchner Polizeipräsidium und sechs von anderen Polizeidienststellen in Bayern, sowie 21 Privatpersonen wegen Verstößen gegen das Betäubungs- und das Antidopinggesetz sowie weiterer Straftaten.
13 Verfahren gegen Polizisten wurden bereits eingestellt, da ihnen nichts habe nachgewiesen werden können. Drei Verfahren seien wegen Geringfügigkeit gegen eine Geldauflage eingestellt, in weiteren zwölf seien bereits Strafbefehle erlassen worden und zum Teil rechtskräftig .
Bei einer Verurteilung drohen zudem disziplinarrechtliche Konsequenzen
Die Beamten der Soko "Nightlife" haben sich im Lauf der Monate durch Berge von Beweismitteln gearbeitet: Sieben Millionen Chatnachrichten, 6,7 Millionen Bilddateien und mehr als 130.000 Videodateien haben die Ermittler auf 94 Mobiltelefonen und 117 sonstigen Speichermedien im Rahmen des Ermittlungskomplexes der Soko "Nightlife" gesichtet und ausgewertet, so Zahlen der Staatsanwaltschaft.
Der Kreis der Beschuldigten stellt laut Staatsanwaltschaft keine geschlossene Gruppe dar, sondern beruhe auf freundschaftlichen und kollegialen Beziehungen. Nicht alle hätten Kontakt zueinander gehabt oder hätten von den Straftaten der jeweils anderen gewusst. Einige der Beschuldigten hätten sich seit langer Zeit gekannt.
Die Verfahren hinsichtlich der übrigen Polizeibeamten dauerten an. Bei einer Verurteilung drohen zudem disziplinarrechtliche Konsequenzen.
Die Vorwürfe gegen die Polizisten waren ans Licht gekommen, weil ein mutmaßlicher Drogendealer, der Kunden eines Münchner Nachtclubs beliefert haben soll, mit seinen guten Kontakten zur Polizei geprahlt und später quasi als Kronzeuge ausgesagt hatte.
Bei einer großangelegten Drogen-Razzia im Herbst 2020 durchsuchten rund 170 Ermittler 30 Wohnungen und sieben Dienststellen in und um München, in Augsburg, Dachau, Wolfratshausen, Ebersberg und an der Hochschule der Polizei in Fürstenfeldbruck.