Weil Verfahren zu lange dauern: Bayern muss Schwerverbrecher laufen lassen

Es geht um Raub, Missbrauch und Mord. Doch: Die Verfahren gehen zu langsam voran.
Ralf Müller |
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Eine Zelle in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Augsburg.
Eine Zelle in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Augsburg. © picture alliance / dpa

München - In Bayern mussten im vergangenen Jahr erneut 15 mutmaßliche Straftäter aus der Untersuchungshaft entlassen werden, weil die Ermittlungen nicht in dem vorgeschriebenen Zeitraum zu Ende gebracht wurden. Das hat das bayerische Justizministerium auf Anfrage des grünen Landtagsabgeordneten und rechtspolitischen Sprechers Toni Schuberl bestätigt.

Trotz schwerer Straftaten: 15 Entlassungen in Bayern

Den 15 Straftätern werden unter anderem schwerer Kindesmissbrauch und Vergewaltigung, ein versuchter Mord, räuberische Erpressung, schwerer Raub und ansonsten gefährliche und gemeine Körperverletzungs- und Diebstahlsdelikte sowie Drogensachen vorgeworfen, teilte das Ministerium mit.

Immerhin: In drei der schwerwiegendsten Fälle sind die Beschuldigten laut Justizministerium nicht untergetaucht, sondern sind zur Hauptverhandlung erschienen. Über den Verbleib der meisten Entlassenen konnte das Ministerium nichts sagen.

Nach Zahlen des Deutschen Richterbundes liegt Bayern schon seit einigen Jahren an der Spitze der Bundesländer, in denen U-Häftlinge wegen zu langer Verfahren aus der U-Haft entlassen werden mussten. 2020 hat der Freistaat mit ebenfalls 15 Fällen den Spitzenplatz belegt, 2021 mit zehn Haftentlassungen den dritten.

Zu wenig Personal in der Justiz

Grünen-Rechtsexperte Toni Schuberl sieht den Hauptgrund dafür in zu wenig Personal unterhalb der Richter- und Staatsanwaltsebene. In einem Landtagsantrag fordern die Grünen die Aufstockung des Justiz-Einzelhaushalts für die Entgelte von Arbeitnehmern im Justizapparat um 1,75 Millionen Euro.

Damit könnten 60 zusätzliche Stellen in den Geschäftsstellen von Gerichten und Staatsanwaltschaften entstehen. Die Belastung an den ordentlichen Gerichten und den Staatsanwaltschaften habe sich, so heißt es in grünen Antrag zur Begründung, wegen der Zunahme von zivilrechtlichen Massenverfahren erheblich verschärft.

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Zum anderen verursachten Strafrechtsausweitungen mehr Verfahren. Die einzelnen Fälle würden aufwendiger.

Das Staatsministerium der Justiz nehme das Thema "Beschleunigungsgebot in Haftsachen" sehr ernst, versicherte das Ministerium. Weiterhin würden Maßnahmen ergriffen, um zu vermeiden, dass es zu einer Aufhebung von Haft- oder Unterbringungsbefehlen kommt.

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5 Kommentare
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  • doket am 22.02.2023 15:48 Uhr / Bewertung:

    Es ist natürlich viel wichtiger Klimaaktivisten präventiv in Haft zu nehmen, als Kinderschänder in Haft zu lassen. Da werden ja die Prioritäten richtig verteilt bei uns im schönen Bayern. Hauptsache der Verkehr rollt.

  • Der wahre tscharlie am 22.02.2023 17:59 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von doket

    Richtig. In Bayern bekommt man den Eindruck, das die Priorität darin besteht, alle zu verurteilen, anstatt die Priorität bei der Schwere der Straftat zu setzen.

  • Unbesorgter Bürger am 22.02.2023 14:20 Uhr / Bewertung:

    Da bekommt man doch ein gute Gefühl wie unser Justizsystem funktioniert.

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