Weil’s ums Geld geht

MÜNCHEN - SPD und Grüne wollen den 50-jährigen Dieter Reiter zum neuen Wirtschaftsreferenten der Landeshauptstadt wählen.
„Als ich bei der Stadt als Inspektor anfing, da habe ich die Stadträte noch mit einem unsichtbaren Heiligenschein gesehen“, erzählt Dieter Reiter (50). Das war vor 27 Jahren. Und heute? Jetzt wollen ihn zumindest SPD und Grüne zum neuen Wirtschafsreferenten wählen. Dann ist er zuständig für die Wiesn und den Tourismus, für Wirtschaftsförderung, Stadtwerke und Europa.
Respekt im ganzen Rathaus
Aus dem jungen Azubi mit dem Respekt vor dem Stadtrat ist inzwischen ein Stadtdirektor in der Stadtkämmerei geworden, der sich selbst im ganzen Rathaus Respekt verschafft hat.
Als ihn OB Christian Ude im Sommer anrief und fragte, ob er sein neuer Wirtschaftsreferent werden wolle, da hat sich Reiter gleich an die Vorarbeit gemacht – trotz Ferien. „Ich hatte mit meiner Frau zum ersten Mal seit Jahren wieder einen längeren Urlaub geplant.“ Doch dann saß er im Dachstüberl des Ferienhauses an der dänischen Ostsee, schaute aufs Meer – und las alle Stadtratsvorlagen des Wirtschaftsreferats aus den vergangenen drei Jahren. Er wollte alles wissen, was das Haus beschäftigt.
50 Bewerber um den Posten
Von den 50 Bewerbern um den Posten waren dann vorige Woche fünf zum Vorstellungsgespräch geladen. Reiter stach dabei die Konkurrenz aus.
Angefangen hat er 1981 in der Stadtkasse. Als er 1992 ein Spezialprojekt der Kämmerei moderiert hatte, holte der damalige Kämmerer das Talent sofort in sein Referentenbüro. Neun Jahre saß Reiter an dieser sensiblen Schaltstelle für die Mitarbeiter der Kämmerei, den anderen Referaten und der Presse. Danach wurde er zum Chef der 400 Mitarbeiter des Kassenamtes befördert. Kämmerer Ernst Wolowicz holte ihn dann 2006 als seinen Stellvertreter zurück.
Er kommt augenzwinkernd münchnerisch daher
Wenn er auftritt, dann verschafft sich der Hühne gleich Respekt. Nicht nur, weil er humorvoll ist und augenzwinkernd münchnerisch daherkommt. Er ist vielmehr kompetent, arbeitet sich intensiv in die Materie ein und pflegt einen kooperativen Umgang.
„Seine Zähigkeit, sein Wille und seine Entschlossenheit zeichnen ihn aus“, lobt ihn ein Kollege. Und Reiter ist durchsetzungsstark. Dabei ist es nicht immer lustig, wenn sich der Finanzer zu Wort meldet. Denn als Vertreter der Kämmerei muss er bei städtischen Gesellschaften oft den Buhmann und Spielverderber geben, wenn’s ums Geld geht.
Freizeit? Da lacht er bloß
Darin sieht er auch seine Aufgabe, wenn er denn Wirtschaftsreferent wird. „Die wirtschaftliche Entwicklung wird uns dazu nötigen, mehr die Finanzen zusammenzuhalten.“ So vermischen sich seine alte und seine neue Aufgabe. Dabei will er sich um die städtischen Gesellschaften kümmern. Da fühlt er sich als Controller der Betriebe und als Berater des Stadtrats: „Wir brauchen wieder mehr Transparenz“, meint Reiter: „Die strategischen Entscheidungen müssen wieder mit dem Eigentümer im Stadtrat gefällt werden.“ Dort sei ein weites Feld, das beackert werden kann.
Und was macht Dieter Reiter in seiner Freizeit? „Freizeit?“ da lacht er. Er klampft auf der Gitarre, arbeitet im Garten seines Straßlacher Hauses, hört Musik von Bob Dylon oder Leonard Cohen. Die drei Kinder sind erwachsen.
In der Partei ist er auch: in der SPD. Zur Kommunalwahl trat er für den Straßlacher Gemeinderat an, aber die SPD bekam nicht genügend Sitze. So kann er sich auf den Stadtrat konzentrieren. – Auch wenn der natürlich keinen Heiligenschein hat.
Willi Bock