Weil er OB werden will: Reiter zieht nach München

Dieter Reiter (53), der 2014 Christian Ude nachfolgen soll, kehrt von Straßlach in die Stadt zurück an den Harras – auch damit er nicht so angreifbar ist.
MÜNCHEN - „Wohnungsnot“ – das sagt sich so leicht, wenn man ein schönes Zuhause mit eigenem Garten, netten Nachbarn und der Gewissheit hat, sich das mit einem womöglich bald doppelten Gehalt auch leisten zu können.
Doch wenn Dieter Reiter in seiner nächsten Rede darüber spricht, dann weiß er, wie das ist. Neun Monate lang hat der potenzielle Ude-Nachfolger mit seiner Frau eine neue Bleibe gesucht. Denn der OB-Kandidat der SPD für die Kommunalwahl 2014 zieht im Juni nach München.
Der Praxis-Schock des Kandidaten. Ob Reiter insgeheim geklagt hat, dass Rot-Grün nicht genug gebaut hat, wird sein Geheimnis bleiben. „Ich habe ein Dreivierteljahr lang gesucht“, erzählt der Wirtschaftsreferent der AZ. Mit allen lästigen Nebenwirkungen, über die Wohnungssuchende in München schimpfen: „Ich habe jetzt selbst gelernt, wie schwer es ist, in München eine Wohnung zu finden.“
Geht das denn nicht leichter, wenn man Stadt-Minister ist? „Ich habe Wulffsche Angebote nicht angenommen“, erzählt er: Also war er nicht auf den Nehmer-Spuren des Ex-Bundespräsidenten, nahm nichts von städtischen Gesellschaften, suchte nichts bei stadtnahen Bauträgern: „Wir haben eine Wohnung von Privat gefunden.“ Übers Internet.
Das sind 120 Quadratmeter, Altbau und mitten in Sendling – am Harras. Miete: wie üblich für so eine gefragte Altbau-Immobilie. Das Viertel mag Reiter: „Ich habe 30 Jahre lang am Herzog-Ernst-Platz gelebt, ich bin dort aufgewachsen.“ Oberhalb der Bavaria, heute dem wichtigsten Platz in seinem Job als Wiesn-Referent.
OB-Kandidat, das ist nicht nur ein Platz unter der Politik-Sonne, das heißt auch Verzicht: Auf Freizeit, auf traute Familie, auf Anonymität. Und in Reiters Fall auch auf sein idyllisches Haus in Straßlach. Als Oberbürgermeister muss er nicht in München wohnen. Es reicht, nahe der Stadt zu leben. Theoretisch. Doch in der Praxis wird daraus schnell ein Vorwurf gemacht: „Der ist ja nicht von hier.“
Da reicht es auch nicht, in München geboren und aufgewachsen zu sein. Seinen ersten Anker warf Reiter, als er voriges Jahr mitten in der Kandidatenphase von Straßlach in den SPD-Ortsverein Au wechselte. „Ich kenne dort aktive Genossen, und außerdem war das ein potenzielles Wohnviertel.“ Aber es kam anders. Jetzt wird überlegt, ob er auch in den Ortsverein Sendling wechselt.
Der letzte Anstoß für den Umzug kam von seiner Frau. „Sie hat gesagt, wir müssen das machen.“ Auch aus praktischen Erwägungen, weil die Wege zu lang seien: „Wir sparen jetzt bis zu zwei Stunden Fahrzeit am Tag, die wir gewonnen haben.“ Nach Straßlach sind es gut 22 Kilometer. „Künftig habe ich nur noch fünf U-Bahnhaltestellen.“
Noch-Amtsinhaber Christian Ude hat heute von Schwabing aus vier bis zum Marienplatz.
Das Haus mit Garten in Straßlach wollen die Reiters erstmal weiter behalten. Der Kandidat ist ja noch nicht gewählt. „Es wird für uns ein Refugium für Wochenenden bleiben“, sagt Reiter. Und beim Rasen mähen kann er dann an seiner nächsten Rede feilen: Über den Kampf gegen die Wohnungsnot.