Weihnachten in München: Dieses Alternativprogramm zum Fest hat die Stadt zu bieten
München - Seien wir einmal ehrlich, es gibt viele Gründe für eine gewachsene Skepsis gegenüber Weihnachten. Sei es, weil man einfach die Konsumschlacht ablehnt – oder weil man als Kind geschiedener Eltern an den Feiertagen seit jeher von einem Elternteil zum anderen pendeln musste. Vielleicht auch, weil sich Feiertags-Harmonie umso schräger anfühlt, während in Europa Krieg ist und Donald Trump zum zweiten Mal US-Präsident wird. Oder weil der Feiertagstrubel ganz oft eben nicht so griabig und besinnlich daherkommt – und allzu oft im veritablen Familienstress endet.
Kurzum, Weihnachten ist manchmal kompliziert. Oftmals auch ambivalent: mit schönen Familientraditionen, aber in der geballten Form eben oft auch anstrengend.
In jedem Fall kann es sich lohnen, kleinere Fluchtpläne schon in der Tasche zu haben. Auch in München lässt sich ein Feiertagsprogramm zusammenstellen, das ganz ohne Folklore auskommt. Mindestens die Hälfte funktioniert auch alleine oder eben in der Gesellschaft Gleichgesinnter, die man bei alternativ-weihnachtlichen Streifzügen so trifft.
Jeder kann sich also dem Triathlon aus Essen, Schenken und Rumlümmeln aussetzen, oder ein Kontrastprogramm zusammenstellen. Das geht auch mit Kindern, die sich über Abwechslung vor allem draußen freuen. Ein Ausflug in die Natur, ins Schwimmbad, Kino oder Familientheater kann allen eine kleine Verschnaufpause verschaffen.
In diesem Artikel:
- Wellness: In der Sauna schwitzen
- Theater und Co.: Das volle Kultur-Programm
- Sport: Auspowern statt Ansetzen
- Helfen: Freiwilligenarbeit statt Feierei
- Tanzen: DJ-Musik statt Stille Nacht
- Kino: Popcorn statt Punsch
- Entschleunigung: Zuhause eingraben
- Natur: Wandern statt nerviger Verwandtschaft
- Bars und Kneipen: Boazn statt Baum
- Kulinarik: Andere Länder, andere Feiertage
Wellness: In der Sauna schwitzen
Gerade Heilig Abend trifft einen häufig wie ein Schlag. Am Tag vorher hat man noch acht Stunden und mehr gearbeitet. Und nicht wenige – wie etwa in Krankenhäusern, im Einzelhandel oder bei städtischen Versorgungsbetrieben – müssen ja auch am 24. Dezember noch mal ran.
Die anderen hetzen, um die letzten Zutaten für das Weihnachtsessen zu besorgen, fehlende Glühbirnen für die Lichterkette zu organisieren – oder einen neuen Christbaumständer, weil der Seilzug vom alten gerissen ist. Und ja, manche tun sich das Jahr für Jahr wieder an. Wann wäre also eine bessere Zeit, um den Massen, dem Weihnachtsgedudel und -trubel, den nervös blinkenden Lichtern zu entfliehen und sich wirklich in innerer Ruhe zu üben?
Ruhe und Hitze
Ein guter Ort dafür sind Saunen und Bäder. Im besten Fall wird in der Sauna nicht gesprochen und es ist heiß. Klingt bei auf 19 Grad runtergeregelten Büros und den momentanen Außentemperaturen gerade doch sehr verlockend. Auch wenn eine weiße Weihnacht unwahrscheinlich ist, ist ein Besuch in den Münchner Saunen, wie etwa im Müller'schen Volksbad, im Nordbad, Südbad und in der Olympia-Schwimmhalle, auch an den Feiertagen möglich. Am 24. und 31.12. werden die Saunaöfen nur bis 14 Uhr eingeheizt, aber am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag sind die Bäder zu den regulären Zeiten geöffnet.
Sauna-Alternative: Hamam
Wer Dampfbad und Massage vorzieht, der könnte den 24.12. auch mit türkischem Tee in einem der Münchner Hamams beim Abschrubbeln, einer Aromaölmassage oder Fußmassage verbringen. Das Mathilden Hamam ganz in der Nähe vom Sendlinger Tor etwa hat über Weihnachten und die Feiertage von 11 bis 20 Uhr geöffnet. Während ein Saunabesuch in einem der Münchner Bäder für vier Stunden 22 Euro kostet, muss man für den Hamam-Aufenthalt allerdings eher 50 Euro einplanen. Wer die Stadt zum Entspannen verlassen will, der kann mit dem Auto oder dem Zug am Zweiten Weihnachtsfeiertag (24.12 und 25.12 ist geschlossen) Richtung Tegernsee fahren. In Laufweite vom Bahnhof Tegernsee liegt die See-Sauna Monte Mare mit eigenem Seezugang, mit einer sanft schaukelnden Schiffssauna und einem sehr kräftigen Keltenaufguss.
Näher an der Stadt ist das Ottobrunner Phönixbad mit einem Schwimmbad für Familien und großer Wellness-Landschaft. Das Bad hat am 25. und 26. von 9 jeweils bis 22.30 Uhr geöffnet. Die langen Öffnungszeiten garantieren, dass man den Weihnachtsrummel, mitsamt den Handy-Anrufen und Fest-WhatsApps wirklich großräumig umgehen kann. Im Sauna-Bereich finden sich zehn Saunen und Dampfbäder und ein großer Garten mit Badeteich zum Abkühlen. Zwischen den Saunagängen kann man auch im sprudelnden Whirlpool sitzen oder sich im Solebecken herumtreiben lassen. Entspannend, oder?

Theater und Co.: Das volle Kultur-Programm
Plastikkugeln, tonnenweise Zuckerguss, Sternchen und Engelsfigürchen. Weihnachten schmeckt süß, und überfordert das Auge schon mal mit all dem Bling-Bling. Wer mit all dem wenig anfangen kann, oder das nicht drei Tage am Stück in voller Dröhnung braucht, der findet zumindest nach dem Weihnachtsabend vom ersten Feiertag an Unterschlupf im Theater und in Opernhäusern.
Literaturklassiker auf der Bühne
Am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag zeigt das Münchner Volkstheater um 19.30 Uhr die Uraufführung zu Daniel Kehlmanns "Lichtspiel". Im Deutschen Theater taucht man ein in die winterliche Welt von Charles Dickens und kann sich auf die Geschichte über Oliver Twist als Musical freuen.
Auch der beliebte Weihanchtsklassiker "Der Nussknacker" wird am 25.12. im Prinzregententheater aufgeführt. Wer dagegen Lust hat auf bayerische Traditionen, ganz ohne den Weihnachtscharakter, kann sich in den Münchner Kammerspielen die Uraufführung zu "Fünf bis sechs Semmeln und eine kalte Wurst" anschauen. Dort geht es um Wirtstöchter und ihre Mütter.
Opernfans können sich am zweiten Feiertag in der Staatsoper auf "Romeo und Julia" freuen, um 13.15 Uhr gibt es sogar eine Einführung für Kinder, um die Nachmittagsvorstellung genießen zu können. Das Gärtnerplatztheater zeigt am 26.12. die Zauberflöte.
Sport: Auspowern statt Ansetzen
Antizyklisches Verhalten lohnt sich dann, wenn man etwas günstig kaufen will. Oder wenn man Menschen aus dem Weg gehen will. Manchmal ist es einfach schön, viel Platz und Ruhe um sich zu haben. Deshalb eignen sich die drei Weihnachtstage perfekt für ein vielfältiges Sportprogramm.
Die meisten Fitnessstudios haben 365 Tage im Jahr geöffnet, und wer am 24.12 selbst etwa gegen 17 Uhr eine Trainingseinheit startet, muss garantiert bei keinem der Geräte anstehen. Manche der großen Fitnesstempel oder Vereinsheime haben Tischtennisplatten, Squash- oder Badminton-Felder. Wer einen zweiten Festtags-Flüchtling findet, dem dürfte es mit Ball und Schläger nicht langweilig werden.
Zum Feierabend und an Wochenenden häufig überlaufen, könnten die Festtage für Boulder- und Kletterhallen ein echter Game-Changer sein. Endlich nach Lust und Laune von einer Route zur anderen hangeln. Auch eine eigene Schwimmbahn kann Luxus bedeuten. An Heiligabend haben die Bäder nur bis 14 Uhr geöffnet, aber am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag gelten die üblichen Öffnungszeiten bereits von 7.30 Uhr oder 8 Uhr bis spät abends.
Helfen: Freiwilligenarbeit statt Feierei
Viele, die ihre Privilegien, wie eine warme Wohnung, genug Essen und etwas Sauberes zum Anziehen, kennen, würden gerne mehr Zeit einsetzen, um anderen zu helfen. Unter dem Jahr stehen dem häufig Job und Kinderbetreuung im Weg. Wer den Weihnachtstrubel aber für ein Jahr auslässt, gewinnt damit auch drei volle Tage, über die er oder sie frei verfügen kann.
Münchner Vereine freuen sich dabei immer über helfende Hände – allerdings müsste dies meist im Vorhinein abgesprochen werden. Die Tafel etwa kann ehrenamtliche Helfer immer gebrauchen, da sie auch am 24.12. Essen an Bedürftige ausgeben. Und auch der 31.12. bietet sich für Engagement an.
Helfen macht glücklich (nicht nur an Weihnachten): Hier können Sie aktiv bei der MÜNCHNER TAFEL e.V helfen.
Tanzen: DJ-Musik statt Stille Nacht
Egal ob man Weihnachten ein bisserl boykottiert oder sich nach dem Festessen noch die überschüssige Energie von den Rippen schütteln muss, auch schon am Heiligen Abend findet man eine einigermaßen vielfältige Auswahl an Clubs, die geöffnet haben.
Das Blitz, der Elektro-Club am Deutschen Museums zum Beispiel, wird an dem Abend von den unheiligen Residents bespielt, und vielleicht verkürzen die Familienverpflichtungen der anderen die Schlange am Eingang ausnahmsweise. "White Christmas" wird auch dieses Jahr wieder im P1 gefeiert, bereits ab 24 Uhr kann man hier den Familientrott entgehen. In der Roten Sonne wartet ein Weihnachtsrave, der auch kalte Füße zum Kochen bringt. Und wer es etwas schicker mag, findet im Palais Club groovy Klänge nähe Hauptbahnhof.
Volles Programm über die Weihnachtstage
Am Ersten Weihnachtsfeiertag mischt auch der Club Bahnwärter Thiel am Viehhof wieder mit. Mit verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern bieten sie bis spät in die Nacht elektronische Musik. Andere Clubs in München wie das Strom und Import Export pausieren dagegen über die Feiertage noch.
Kino: Popcorn statt Punsch
Ein herrliches Versteck vor Zwangsharmonie am Esszimmertisch und schmuddeligem Matschwetter sind die bequemen Kinosessel dieser Stadt. Auch über die Feiertage bieten viele der Münchner Filmtheater – Achtung, nicht alle! – ein breites Programm, das meistens ohne "Drei Nüsse für Aschenbrödel" oder andere Klassiker, wie "Eine schöne Bescherung" oder "Kevin allein zuhaus" zurecht kommt.
Im Mathäser etwa gibt es an allen drei Weihnachtstagen den zweiten Teil von "Gladiator" mit gefeiertem Nachwuchsstar Paul Mescal zu sehen. Egal ob mit oder ohne Kinder – auch "Mufasa", der brandneue Nachfolger des Animations-Klassikers "Der König der Löwen", wird an allen frei Feiertagen gezeigt und erinnert sicherlich auch viele Erwachsene an ihre eigene Kindheit in den 1980/90er Jahren.
Entschleunigung: Zuhause eingraben
Wer Plastikkugeln, Lametta und Glitzerspray in Schaufenstern nicht ertragen kann, der ist über die Feiertage zu Hause am sichersten. Doch ohne Streaming-Abo, ungelesene Romane oder eine fein kuratierte Sammlung an Gesellschaftsspielen könnte es zäh werden. Langstrecken-Unterhaltung bieten Serien oder Mehrteiler-Klassiker von Herr der Ringe bis Harry Potter. Mit guter Musik und reichlich Snacks kann es aber auch zur Genugtuung werden, das Momentum zu nutzen und ungestört auszumisten. Ob Kleiderschrank, Speisekammer, Küchen-, Bad- oder Schuhschränke - all diese machen geordnet und durchgeputzt mehr Freude. Wann ist man mal so ungestört, wie während andere unter Tannenbäumen sitzen?
Natur: Wandern statt nerviger Verwandtschaft
Wer in kleinen Räumen mit vielen Familienmitgliedern leicht klaustrophobische Symptome bekommt – erkennbar durch dröhnende Ohren, Schweißausbrüche oder Atemnot – der ist in der Natur am besten aufgehoben. Statt schallender Weihnachtsmusik ist es über den 24. Dezember und die beiden Feiertage in der Natur im Umland und Oberland wahrscheinlich so ruhig wie sonst nie im Jahr. Die Zugezogenen sind schon längst nach Hause in NRW, Baden-Württemberg, Thüringen oder Franken gefahren, die Übriggebliebenen schmücken Christbäume, essen Weihnachtsgans oder tragen Familienstreitigkeiten aus.

Winterwandern im Münchner Umland
Die Möglichkeiten sind so vielfältig, deshalb hier eine kleine Auswahl. Eine sehr schöne Winterwanderung führt von Lenggries (von München mit dem Zug erreichbar) rauf zur Lenggrieser Hütte. Der Hüttenbetrieb ist zwar bis zum 27.12. geschlossen, aber auf dem Holzbänkchen vor der Hütte mit plätschernder Wassertränke lässt sich auch eine mitgebrachte Brotzeit samt dampfender Thermoskanne mit Tee oder Punsch herrlich genießen. Wer auf den Kaiserschmarrn oder die Kaspressknödelsuppe nicht verzichten will, für den hat die Neureutherhütte am Tegernsee ab dem zweiten Weihnachtsfeiertag wieder geöffnet.
Bei allen Winterwanderungen empfiehlt es sich, sogenannte Grödel, quasi Schneeketten für Schuhe, mitzunehmen. Wer mal eine Variation ausprobieren möchte, der findet auf den DAV-Seiten auch schöne Touren für Schneeschuhwanderungen und Empfehlungen für präparierte Rodelstrecken. Wem die Ebene mehr liegt, der könnte am 24.12. auch einen Langlauf-Ausflug nach Ettal machen. Aber auch an der Isar entlang Richtung Großhesseloher Brücke oder nach Norden könnte es an den Feiertagen um einiges ruhiger sein als sonst. Weitläufig und trotzdem nah an der Stadt ist auch der Forstenrieder Park.
Bars und Kneipen: Boazn statt Baum
Ein guter Zufluchtsort vor überladenen Wohnzimmern und Heimeligkeit sind die schnörkellosen Kneipentheken dieser Stadt. Gentrifizierung und wachsendem Schnöseltum zum Trotz ist eine Grundversorgung mit diesen Institutionen bisher noch gewährleistet.
Angefangen mitten in der Stadt bietet die Favorit Bar in der Damenstiftstraße eine zentrale Weihnachts-Anlaufstelle für schummriges Licht und gute Drinks. Ein Charakter-Laden findet sich am Sendlinger Tor, auch hier wartet ein erfahrener Kneipenwirt mit ganzer Fürsorglichkeit auf Schutzsuchende. Direkt an Heiligabend öffnet die Corleone Bar um 20 Uhr mit hausgemachtem Glühwein und einer saftigen Bescherung in Form von satten Beats.
Trinkbekanntschaften und muffige Räume: Kneipen
Genug Platz, um noch vier Freunde mitzubringen, hat meist der Rote Knopf in Haidhausen, das Vivo in der Lothringerstraße oder etwas gedrängter auch das Johanniscafé am Johannisplatz. Auch die Westendler haben einen sozialen Treffpunkt im Herzen des Viertels: Das Kilombo gilt als unverdächtig in Sachen Schnöselpublikum, und man schließt leicht neue Trinkbekanntschaften. Wer genug vom Herumsitzen hat, der ist auch im Valentinstüberl im Dreimühlenviertel bestens aufgehoben. Trotz geringer Bestuhlung ein äußerst gemütlicher Ort mit guter Musik.

In Schwabing ist das Vereinsheim eine zentrale Adresse. Auch am 24.12. selbst wird der Tresen wie gewohnt ab 18 Uhr betrieben. Wer am Zweiten Weihnachtsfeiertag in Bahnhofsnähe unterwegs ist, dem gewährt das Team vom Cucurucu eine Bleibe. Untermalt mit frischen Sounds vom kleinen DJ-Pult.
Kulinarik: Andere Länder, andere Feiertage
So banal, wie clever ist der Einfall, das weihnachtliche Einerlei damit zu umgehen, indem man einfach kulinarisch die Gefilde von Knödeln, Gans und Blaukraut verlässt - und sich anderen Kulturkreisen zuwendet. So könnte man sich beispielsweise in einem jordanischen Lokal Mansaf, ein schmackhaftes arabisches Reisgericht mit Safran und Lamm, servieren lassen.
Kontrast zur schwerer bayerischer Hausmannskost bieten auch Variationen aus Reisbandnudeln mit Gemüse und Erdnüssen in zahlreichen vietnamesischen Restaurants. Wer etwas braucht, das von innen wärmt, der könnte mit einem Curry beim Inder glücklich werden. Gute tapasartige Schälchen mit geschmorter Aubergine, Feta, Falafel oder Hummus stehen bei der handvoll israelischer Restaurants auf der Speisekarte, sowie Varianten von Shakshuka oder Lammgerichten. Das Gute ist, dass man so lange sitzen und nachbestellen kann, bis einem die Gesprächsthemen ausgehen.
Egal für was und für welchen der Feiertage man sich entscheidet, es lohnt sich, vorsichtshalber schon jetzt einmal anzurufen, Öffnungszeiten an den Feiertagen abzufragen und einen Platz zu reservieren. Und wer ganz sichergehen will, nicht von Weihnachtsliedern eingeholt zu werden, sollte vorfühlen, ob sich bei der Wirtin oder dem Wirt nicht doch Weihnachtsdeko und Co eingeschlichen haben.