Weidenfeld: Auch Frustrierte wählen inzwischen Grün

Der Politologe Werner Weidenfeld erklärt, warum die Grünen bei der kommenden Kommunalwahl schwer zu schlagen sind.
von  Interview: Felix Müller
Kandidiert für die Grünen: Katrin Habenschaden.
Kandidiert für die Grünen: Katrin Habenschaden. © Sven Hoppe/dpa

München - Werner Weidenfeld (72) ist Politikwissenschaftler, Hochschullehrer und Politberater. Von 1987 bis 1999 war Weidenfeld Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit. Im Interview mit der AZ spricht der 72-Jährige darüber, warum die Grünen bei der Kommunalwahl im März die Chance haben, stärkste Kraft in München zu werden.

AZ: Herr Weidenfeld, Wohnungsbau, Kitas, Sicherheit: Die Münchner trauen den Grünen nicht zu, die Probleme zu lösen. Warum haben sie trotzdem das Potenzial, stärkste Kraft in der Stadt zu sein?
WERNER WEIDENFELD: Die Grünen haben ja einst angefangen mit revolutionärer Kraft. Umwelt, Klimaschutz, die Welt retten: Das waren schon immer die großen Themen. Im Stil haben sie sich abgemildert, aber bei den Themen, die heute als die wichtigsten gelten, wird ihnen jahrzehntelange Kompetenz zugeschrieben.

Weidenfeld: "Grünen erwecken Eindruck, Zukunftsstrategien zu haben"

Dann ist dem Wähler am Ende womöglich egal, dass er der Grünen-OB-Kandidatin Katrin Habenschaden nicht zutraut, drängende Probleme der Stadt zu lösen?
Ja, dann wirken diese Themen drittrangig. Und: Die Grünen treffen den Ton. Sie wirken freundlich, werden mit einem Stil des Wohlbefindens verbunden. Und machen den Eindruck, eine Zukunftsstrategie zu haben – im Gegensatz zu den Traditionsparteien.

Kandidiert für die Grünen: Katrin Habenschaden.
Kandidiert für die Grünen: Katrin Habenschaden. © Sven Hoppe/dpa

In wohlhabenden Akademiker-Vierteln wie Haidhausen haben die Grünen schon lange das Potenzial, stärkste Kraft zu werden. Zuletzt gelang das aber überall in der Stadt, zum Beispiel auch in Moosach. Wie erklärt sich das?
Viele, die von SPD und CSU frustriert sind, bleiben zuhause. Andere wählen AfD. Und sehr viele eben auch die Grünen. Die gelten eben immer noch nicht als eine der Traditionsparteien – auf die der Frust besonders groß ist.

Weidenfeld: "Ende des Grünen-Höheflugs sehe ich nicht"

Klingt alles, als seien die Grünen ein schwerer Gegner, der inhaltlich kaum zu bezwingen ist. Was raten Sie SPD und CSU ?
Sie müssten eine eigene Strategie entwickeln. Aber das tun sie nicht. Sagen Sie doch mal einem CSUler, er soll Ihnen das Grundsatzprogramm erklären. Das kann er nicht.

Also ist vorläufig überhaupt kein Ende des Grünen-Höhenflugs in Städten wie München in Sicht?
Nein, das sehe ich aktuell nicht.

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