Wegen Wohnungsnot in München: Studenten sollen auf den Campingplatz

München — Bald beginnt das neue Semester. Tausende junge Menschen, die in München ein Studium beginnen, stehen dann vor der Frage, wie sie eine bezahlbare Wohnung finden.
Wahrscheinlich fällt die Antwort heuer besonders schwer: Schließlich ist kein anderer Studienort in Deutschland so teuer. Schließlich können noch immer über 1500 Wohnheimplätze in der Studentenstadt nicht belegt werden, weil der Freistaat mit der Sanierung nicht vorankommt.
Studenten in München auf dem Campingplatz: SPD und Grüne sprechen von einer "Notlösung"
SPD und Grüne haben nun eine neue Idee: Studierende sollen übergangsweise auf dem Campingplatz in Thalkirchen oder im Jugendlager "The Tent" unterkommen. Das ist ein Camp zwischen Moosach und Nymphenburg, normalerweise eine günstige Übernachtungsmöglichkeit für Rucksacktouristen aus aller Welt. Und bald auch Schlafplatz für Erstsemestler?

Zumindest fordern SPD und Grüne in einem Antrag das Rathaus dazu auf, das zu prüfen. Studierende könnten sich von Verwandten und Freunden einen Camper ausleihen und auf dem Campingplatz wohnen.
Das würde ihnen mindestens vier Wochen Zeit verschaffen, um eine bezahlbare Wohnung zu finden, schreibt die SPD in einer Mitteilung. SPD-Stadträtin Simone Burger spricht von einer "Notlösung". Langfristig müsste sich der Freistaat um die Sanierung und den Neubau von Studenten-Wohnungen kümmern.
Stadtrat Thomas Lechner (Linke): "Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen soll"
"Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen soll", kommentiert der Stadtrat Thomas Lechner die Idee. Er ist parteilos, aber Teil der Linken-Fraktion im Stadtrat. "Das ist eine Bankrott-Erklärung."
Auch die Worte "Kapitulation" und "Katastrophe" fallen. Lechner ist sich sicher, dass es andere Lösungen gibt. Zum Beispiel Eigentümer, die ihre Wohnung leerstehen lassen, zum Verkauf zwingen. Oder mehr Druck auf den Freistaat ausüben.

Wohnungsnot in München: Wie geht es nach vier Wochen auf dem Campingplatz weiter?
Auch Angelika Baumgart-Jena vom Kreisjugendring, der für das Camp "The Tent" zuständig ist, klingt alles andere als begeistert: "Leider ist die Idee nicht realistisch", sagt sie. "Ich gehe nicht davon aus, dass viele junge Menschen über ein Wohnmobil oder einen Wohnwagen verfügen." Schließlich seien auch die teuer. Im Winter ist das Camp geschlossen.
Aus gutem Grund: "Die zwei großen Zelte, die dort stehen, sind nicht beheizbar", sagt Baumgart-Jena. Auf der kleineren Fläche werde normalerweise bloß gezeltet, Wohnmobile dürften dort gar nicht drauf fahren, weil es sich um eine öffentliche Grünfläche handle. Aber selbst, wenn dafür Lösungen gefunden werden, sei die wichtigste Frage nicht geklärt: Wie geht es nach den vier Wochen auf dem Zeltplatz weiter? "Mehr bezahlbare Wohnungen gibt es doch dann auch nicht", sagt sie.
"Die Umsetzung wird spannend": Auch die Campingplatz-Betreiber in München sind skeptisch
Klaus Bartl, der den Campingplatz in Thalkirchen betreibt, sagt zwar, dass er der Idee grundsätzlich positiv gegenüberstehe. Theoretisch hätten auf seinem Platz um die 500 Studenten Platz. Doch: "Die Umsetzung wird spannend."
Schließlich seien die Waschhäuser kaum isoliert. Wenn die Studenten nicht in eisiger Kälte duschen sollen, sei ein enormer Energieaufwand notwendig. Außerdem wollte die Stadt den Platz ab November sanieren.

Denn die ist der Eigentümer, Bartl ist bloß der Pächter – und als solcher muss er Geld verdienen: Vier Wochen im Camper kosten etwa 1000 Euro – ohne Strom. "Und im Winter ist der Energieeinsatz natürlich höher."
Die Stadt müsste den Studenten eine günstige Miete garantieren und womöglich auf die Pacht verzichten, sagt CSU-Stadtrat Sebastian Schall. "Grundsätzlich bleibt das aber wohl eher eine Nischen-Geschichte." Das eigentliche Problem, den Mangel an Wohnraum löse die Stadt damit jedenfalls nicht.