Wegen Nacktfotos der Schwester: Schere in den Rücken gerammt

Der Hauptangeklagte gibt zu, sein Opfer mit Stichen verletzt zu haben. Aber er habe unter Schock gestanden.
von  K. Burkhard
Die beiden Angeklagten vor Gericht in München.
Die beiden Angeklagten vor Gericht in München. © Daniel von Loeper

Erst mit großer Verspätung werden die beiden jungen Angeklagten Javad H. (17) und Masoud A. (19) am Dienstagmorgen in den Gerichtssaal gebracht. Sie wirken mit der Situation überfordert.

Versuchter Totschlag wird den beiden laut Anklageschrift vorgeworfen. Die liest sich erst wie eine banale Schlägerei unter Jugendlichen, wie sie oft passieren kann.

Doch in diesem Fall beließ es Javad H. nicht bei Schlägen. Er ging am 13. März des letzten Jahres am Hauptbahnhof mit einer Schere auf seinen Widersacher los. Die Schere traf das Opfer im Gesicht, dann rammte der Täter die Schere in Nacken und Rücken des Opfers, verletzte es lebensgefährlich.

Nacktfotos als Motiv?

Das Motiv des 17-Jährigen? Laut Staatsanwaltschaft Nacktfotos seiner Schwester, die das Opfer auf seinem Handy hatte.

Der Schüler gibt die Stiche sofort zu, will aber seine Version der Tat erzählen, und zwar dieses Mal alles. Denn beim Verhör mit der Polizei damals habe er sich nicht getraut, die ganze Wahrheit zu sagen. Aus Angst, im Gefängnis zu landen. Er habe seinen Betreuern jetzt versprochen, "keine Scheiße mehr zu bauen".

Fast zwei Stunden dauert seine komplette Wahrheit, und sie umfasst viele Details und Wendungen, die seinem Handeln, eine Art Logik verleihen. Er entlastet dabei auch seinen mitangeklagten Spezl. Die Darstellung in der Anklage stimme nicht. Masoud S. habe ihm weder die Schere mit den Worten "Stich zu!" gereicht, noch ihn aufgefordert, seine "Ehre" retten zu müssen.

Er habe unter Schock gestande und sein Opfer nur "aus Versehen" im Gesicht getroffen. Und überhaupt, das Opfer habe sich bei ihm gemeldet und versichert, dass er nicht sauer auf sie sei. Er sei nur sauer auf einen dritten Beteiligten gegen den gesondert ermittelt wird.

Als er fertig ist, senkt Javad H. den Kopf. Jetzt bekommen andere das Wort. Der Prozess dauert an.

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