Wegen Maas-Karikatur: Facebook sperrt Dieter Hanitzsch

Der beliebte Karikaturist Dieter Hanitzsch, der immer freitags für die AZ zeichnet, ist bei Facebook nach einem Bildbeitrag gesperrt worden - und empört.
Michael Schilling
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AZ-Karikaturist Dieter Hanitzsch.
AZ-Karikaturist Dieter Hanitzsch. © Sigi Mueller

München - Mehr als 5.000 Fans hat AZ-Karikaturist Dieter Hanitzsch (88) auf Facebook. Auf der Seite veröffentlicht er regelmäßig seine politischen Zeichnungen, die freitags in der Abendzeitung erscheinen, und Karikaturen, die ihm zwischendurch tagesaktuell einfallen.

Zu denen gehört ein Bild, das den wütenden Deutschen Michel zeigt, wie er Außenminister Heiko Maas (SPD) mit einem Fußtritt ins Abseits befördert. Maas hat in der Afghanistan-Krise keine gute Figur abgegeben.

Dieter Hanitzsch postet auf Facebook eine Karikatur mit Heiko Maas

Vor einer Woche hat Dieter Hanitzsch das Bild hochgeladen, versehen mit dem Kommentar: "Wäre doch wirklich das Mindeste, zunächst diesen Versager zu entsorgen. . ."

"Wäre doch wirklich das Mindeste, zunächst diesen Versager zu entsorgen": So lautet Dieter Hanitzschs Kommentar zu dieser Zeichnung auf Facebook.
"Wäre doch wirklich das Mindeste, zunächst diesen Versager zu entsorgen": So lautet Dieter Hanitzschs Kommentar zu dieser Zeichnung auf Facebook. © Dieter Hanitzsch

Facebook sperrt Beitrag von AZ-Karikaturist Dieter Hanitzsch

Daraufhin ist Hanitzsch von Facebook mit einer Sperre belegt worden; seine Maas-Karikatur wurde von seiner Seite gelöscht. Facebook (das alle seine Nutzer ungefragt duzt) teilte ihm mit: "Du hast etwas gepostet, das gegen unsere Gemeinschaftsstandards verstößt." Und weiter: "Dieser Beitrag verstößt gegen unsere Standards in Bezug auf Gewalt und Anstiftung zur Gewalt. Nur du kannst ihn sehen." Den 5.000 Hanitzsch-Fans auf Facebook bleibt er vorenthalten.

Facebook gegen Inhalte, "die zu physischen Verletzungen führen könnten"

Hanitzsch bekam im Nachgang weitere Mitteilungen. Ein Mitarbeiter habe die Zeichnung geprüft und aus dem Verkehr gezogen. Facebook gestatte keine Inhalte, "die zu physischen Verletzungen führen könnten", die "schwere Gewalt auslösen" und auch keine "Androhungen, die zum Tod, zu Gewalt oder schweren Verletzungen führen können".

Dieter Hanitzsch ist empört: "Sag mal, wo sind wir denn?"

Dieter Hanitzsch hat sämtliche Hinweise auf Bildschirmfotos dokumentiert - und ist empört: "Sag mal, wo sind wir denn? Das ist glatte Zensur, und ich will mir das nicht gefallen lassen."

Messer, Pistole und Totenschädel könnten als Bedrohung gewertet werden

Um zu verstehen, was an der Zeichnung auszusetzen sein könnte, hat er einen befreundeten Professor der Kommunikationswissenschaften in Passau kontaktiert. Der vermute, sagt Hanitzsch, dass das Messer, die Pistole und der Totenschädel in der Denkblase des Michels als Bedrohung gewertet worden seien. "Diese Symbole verdeutlichen, dass jemand richtig zornig ist. Das ist seit Jahrzehnten gängige Bildsprache, nicht nur in meinen Zeichnungen", sagt Dieter Hanitzsch. "Um darin einen Mord- oder Attentatsauftrag zu erkennen, muss man offenbar selbst Mordgedanken hegen. Das kann nur einem kranken Facebook-Hirn einfallen."

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Hanitzsch erwägt juristische Schritte und wird Facebook verlassen

Die Zeichnung bleibt dennoch gesperrt. Hanitzsch erwägt juristische Schritte und wird Facebook verlassen, sagt er. Vorher hat er noch eine neue Zeichnung hochgeladen, die ihn mit der Maas-Karikatur in der Hand zeigt, dazu der Text: "Facebook hat so viel Dreck am Stecken, die sollten besser vor der eigenen Türe kehren. Aber für die gibt's keine Regeln. Selbstverständlich geh ich aus Facebook raus. Tut mir leid für meine vielen Besucher. Ciao!"

Hanitzsch spielt auf Datenlecks, Sicherheitspannen und vor allem auf politische Einflussnahmen an, mit denen Facebook von sich reden gemacht hat - etwa im Skandal um Cambridge Analytica und gezielte Wählerbeeinflussung.

AZ-Karikaturist Dieter Hanitzsch erhält Zuspruch

Hanitzsch bekommt viel Zuspruch, nicht nur bei Facebook. Sein Karikaturisten-Kollege Burkhard Mohr (u. a. "Handelsblatt", "SZ") schrieb ihm: "Das ist erbärmlich! Die sollten sich besser um die Hassbotschaften und Mordaufrufe ihrer extremistischen und fanatischen Kundschaft kümmern. Aber dieses Eisen ist wahrscheinlich selbst der Zensur zu heiß."

Ein Kollege schreibt: "Deine Karikatur trifft den Nagel auf den Kopf"

Mohr weiter: "Deine Karikatur trifft doch den Nagel auf den Kopf! Maas wundert sich wahrscheinlich über sich selbst, dass er noch im Amt ist."

Dieter Hanitzsch sagt, er wolle nun seine Internetseite dieterhanitzsch.de reaktivieren und dort aktuelle Zeichnungen veröffentlichen. Und natürlich weiterhin jeden Freitag in der Abendzeitung. Garantiert unzensiert.

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13 Kommentare
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  • Voorentief am 26.08.2021 19:01 Uhr / Bewertung:

    Durch die Sperrung wird die Karikatur ja erst interessant. Würde sagen: Eigentor für FB.

  • Sebastian B. am 26.08.2021 16:24 Uhr / Bewertung:

    Bevor man das Wort Zensur verwendet, sollte man schon wissen, was damit gemeint ist. Abzulehnen ist eine staatliche Zensur, die die Meinungsfreiheit und politische Willensbildung beeinträchtigt. Jedes private Medium darf aber selbst entscheiden, welche Meinungen und Abbildungen zugelassen sind. Wenn mir diese Zensur nicht gefällt, dann gehe ich zur Konkurrenz - das macht Hanitzsch und damit ist es doch eigentlich alles gut.

  • Giesing am 26.08.2021 17:43 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Sebastian B.

    @Sebstian B.: Diese großen Netzwerke haben in ihren Bereichen Monoploähnliche Stellungen. Daher ist es nicht ihre private Entscheidung, ob sie Beiträge ablehnen. Das sehen die Gerichte mittlerweile übrigens häufig auch so.
    Trotzdem hat es sich die Politik hier etwas einfach gemacht. Sie hat den Anbietern die Verantwortung dafür übertragen, dass nichts gesetzwidriges auf ihren Plattformen erscheint. Die Plattformbereiter sperren dann lieber mehr als weniger. Zu Lasten der Meinungsfreiheit. Eigentlich wäre es jedoch in meinen Augen Aufgabe des Staates Posts, die gegen Gesetze verstoßen, zu löschen und die Personen strafrechtlich zu verfolgen.

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