Wegen gefährlicher Bausubstanz: Großes Kultur-Bauprojekt in München verzögert sich

München - Durch die offenen Fassaden an der Längsseite der Tonnenhalle flattern Tauben. Die Vögel setzen sich auf die unzähligen Metallstreben, die wie ein kleiner Wald den Innenraum ausfüllen. Im Moment trägt das Gerüst das komplette Gewicht der Halle, denn es besteht "akute Einsturzgefahr", wie Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer sagt. Eigentlich sollten hier in zwei Jahren schon Konzerte und Aufführungen stattfinden. Die Umgestaltung der historischen Tonnenhalle ist, gemeinsam mit der gegenüberliegenden Jutierhalle, laut Ehbauer momentan das "wichtigste Kulturbauprojekt" der Stadt. So schnell wird es jetzt aber nicht mehr gehen.
Tonnenhalle im Kreativquartier: Wie es zu den Problemen kommen konnte, ist unklar
"Bis vor Kurzem sah alles wunderbar aus", erzählt Ehbauer. Doch als man Chloridschäden untersuchte, von denen man bereits vorher gewusst hatte, fand man im Beton ein ungewöhnliches Problem: Zum Vorschein kamen zerbrochene Stahlstücke. Eine Analyse ergab, dass tragende Teile der Halle mit Nitrat belastet sind. So etwas ist laut Ehbauer in München bislang nur ein einziges Mal vorgekommen: beim Elefantenhaus in Hellabrunn. Dort war das naheliegend, denn eine Nitratbelastung entsteht durch Fäkalien.

Wie es in der Tonnenhalle dazu kommen konnte, können sich die Fachleute nicht erklären - immerhin wurde das Gebäude früher zur Lagerung von Rohren genutzt. Möglicherweise, so Ehbauer, war das Wasser, mit dem der Beton beim Bau im Jahr 1926 angemischt wurde, verunreinigt. Über den Beton könnte das Nitrat dann in den Stahl gekommen sein.
"Man weiß nicht, wann und wo etwas einstürzen könnte": Gefahr für die Tonnenhalle in München
Von außen waren die Schäden bislang nicht sichtbar. Und doch bergen sie eine große Gefahr: Nitrat macht den Stahl spröde. Das kann dazu führen, dass er an einzelnen Stellen ohne Vorankündigung brechen kann. Aus diesem Grund ist auch das Gerüst nötig. Die Statik ist laut Ehbauer nicht berechenbar: "Man weiß nicht, wann und wo etwas einstürzen könnte."

Das Elefantenhaus konnte man nicht mehr retten, bei der Tonnenhalle sieht das anders aus. Der belastete Stahl wird entfernt und durch neuen ersetzt, zudem werden zusätzliche Stützen eingebaut. Sehen wird man davon im fertigen Gebäude nichts, auch das Konzept ändert sich nicht: Wie geplant sollen mehrere Aufführungssäle untergebracht werden.
Durch die Schäden wird die Tonnenhalle erst Jahre später fertig
Einzig der Eröffnungstermin verschiebt sich durch die Schäden. Die Räumlichkeiten werden erst 20 Monate später fertig, sagt Ehbauer, also im Jahr 2028. Die Jutierhalle, in der mietbare Ateliers und Arbeitsräume geplant sind, ist davon nicht betroffen. Sie soll 2026 eröffnen. Wie viel die unerwartete Sanierung kosten wird, kann Ehbauer noch nicht sagen. Insgesamt sind für den Umbau der beiden Hallen im Kreativquartier 128 Millionen veranschlagt, darin ist auch eine Risikoreserve von 13 Millionen enthalten.
Aktuell befinde man sich mit den beauftragten Maßnahmen noch innerhalb dieses Rahmens. Für Ehbauer und Anna Hanusch (Grüne), Chefin des Bezirksausschussses Neuhausen-Nymphenburg, sind das die geringsten Sorgen. Sie freuen sich, dass das Gebäude erhalten werden kann. Die Tonnenhalle sei das "Herzstück" des Projekts, so Hanusch. "Es steckt eine lange Geschichte dahinter."