Wegen angeblichen Missbrauchs: Acht Monate unschuldig im Gefängnis?
MÜNCHEN - Das Mädchen behauptete, Klaus B. habe sie "unten angefasst": Jetzt legt ein Gutachten dar, dass an der Glaubwürdigkeit der Siebenjährigen gezweifelt wird. Kommt Klaus B. jetzt frei?
Erst vor drei Tagen ist Klaus B. aus dem Gefängnis entlassen worden. Acht Monate hatte der Mann in Untersuchungshaft verbracht, weil ihn die damals siebenjährige Tochter seiner Lebensgefährtin schwer belastet hatte. Der 40-jährige Markisenbauer soll sie in der Weilheimer Wohnung der Patchwork-Familie ausgezogen und „unten angefasst“ haben, wie das Mädchen unter anderem in der Vernehmung durch den Amtsrichter berichtete.
Am Mittwoch begann der Prozess vor der 1. Jugendkammer des Münchner Landgerichts. Doch die Entlassung aus der U-Haft noch vor Prozessbeginn ist für Anwalt Sewarion Kirkitadse ein erstes Indiz, dass Klaus B. von diesen Vorwürfen frei gesprochen werden könnte. Grund für die Entlassung: Ein ausführliches aussagepsychologisches Gutachten kommt zu dem Schluss, dass an der Glaubwürdigkeit des Mädchens gezweifelt wird.
Nicht ihrer Mutter, sondern einer Freundin (14) hatte Karla S. (Name geändert) zuerst von den angeblichen Übergriffen erzählt. Sie habe ihr erzählt, dass sie bei Klaus B. das gesehen habe, „was Jungen da unten haben“. Haben Sie ihr geglaubt, wird der Teenager gefragt? „Ja. Wie kann sich ein Kind so etwas ausdenken?“, antwortet die Zeugin.
Es kommt zur Anklage. Klaus B. soll das Mädchen bei drei Gelegenheiten im Bett und auf der Couch an der Scheide angefasst haben, um sich zu erregen, wirft ihm Staatsanwalt Robert Englmann in der Anklageschrift vor. Da lag dem Anklagevertreter das Gutachten noch nicht vor.
Der Prozess wird fortgesetzt. Folgt das Gericht dem aussagepsychologischen Gutachten, kann es nur einen Freispruch für Klaus B. geben. Er hätte dann acht Monate unschuldig in U-Haft gesessen.
Und doch ist er dem Mädchen nicht böse. „Das war keine böse Absicht“, sagt er. „Sie hat sich da in etwas reingesteigert.“ Warum sie das getan haben könnte, wird er vor Gericht gefragt. – „Ich weiß es nicht.“ John Schneider
- Themen: