Wegen 14,48 Euro: Münchnerin hat Verfahren am Hals
MÜNCHEN - Ingeborg Zeischka hat einen Tag zu lange Arbeitslosengeld kassiert. Ein Fehler, den sie nicht bemerkte. Doch das nützt ihr nichts, denn das Hauptzollamt leitete ein Ermittlungsverfahren gegen die 49-Jährige ein.
Vor eineinhalb Jahren war Ingeborg Zeischka vier Monate lang arbeitslos. Seit April 2008 hat die Münchnerin (49) wieder eine Stelle, arbeitet im Büro einer italienischen Firma. An die Zeit ohne Job müsste sie eigentlich nicht mehr denken. Eigentlich. Weil sie sich bei der Agentur für Arbeit einen Tag zu spät abmeldete, leitete das Hauptzollamt München ein Ermittlungsverfahren gegen Zeischka ein. Die versteht die Welt nicht mehr.
„Ich habe mein ganzes Leben gearbeitet und noch nicht einmal falsch geparkt. Ich fühle mich ungerecht behandelt“, klagt Zeischka. Als sie im vergangenen Jahr auf eigene Initiative wieder eine Stelle fand, meldete sie sich am 8. April bei der Agentur für Arbeit ab. Ihr neuer Chef aber meldete sie einen Tag vorher an. „Das war mein Fehler. Ich habe das nicht mit Absicht gemacht. Mein Chef war in Italien und ich wusste schlichtweg nicht, wann er mich anmeldet. Man muss in Zeiten wie diesen ja froh sein, einen Job zu bekommen.“
Sie überweist fristgerecht, aber die Angelegenheit ist damit nicht erledigt
Dass etwas nicht stimmte, merkte sie erst im vergangenen Dezember. Da schrieb ihr die Agentur für Arbeit München, dass sie einen Tag zu viel Arbeitslosengeld erhalten habe und stellte eine Zahlungsaufforderung über 14,48 Euro wegen Überzahlung. „Das habe ich fristgerecht überwiesen und geglaubt, die Sache sei damit erledigt.“ Doch Anfang März die nächste Überraschung: Ein Schreiben vom Hauptzollamt München landet im Briefkasten.
Gegen Zeischka wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts einer Ordnungswidrigkeit eingeleitet. Grund: Wer bei der Agentur für Arbeit meldet, wieder einen Job gefunden zu haben, erhält einen Aufhebungsbescheid. „Darauf ist der letzte Tag, an dem Arbeitslosengeld bezogen wurde, verzeichnet. Man hat zwei Wochen Zeit, falsche Angaben zu korrigieren“, erklärt Arbeitsagentur-Sprecherin Kathrin König.
Etwa 2000 Überzahlungsfälle bearbeitet das Münchner Hauptzollamt im Jahr
Dass Zeischka den Fehler nicht bemerkt hat, nützt ihr nichts. Denn was viele nicht wissen: Gibt es eine Diskrepanz bei den Meldedaten, muss von Gesetz wegen ermittelt werden. Und so wurde das Hauptzollamt eingeschaltet. Zeischka muss wegen der Ordnungswidrigkeit 25 Euro bezahlen und die Kosten des Verfahrens tragen: insgesamt 48,50 Euro.
Etwa 2000 Überzahlungsfälle bearbeitet das Münchner Hauptzollamt im Jahr. „Auch wenn es sich nur um einen Tag handelt, müssen wir das tun“, sagt René Matschke, Chef der Finanzkontrolle Schwarzarbeit am Hautpzollamt München. Es geht um zwei Straftatbestände: Betrug und Bußgeld. „Frau Zeischka ist mit dem Bußgeldbescheid über 48,50 Euro noch gut weggekommen. Man hätte auch wegen Betrugs ermitteln können“, sagt Matschke. „Denn wo sollen wir bei 2000 Fällen die Grenze ziehen?“
Ingeborg Zeischka wird jetzt wahrscheinlich zahlen. „Ich habe leider keinen Rechtschutz. Aber gerecht ist das Ganze nicht.“
Verena Duregger
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