Wasser statt Fleisch: Wie Würste gestreckt werden
Ein ARD-Report deckt auf: Wie in der Fleischverarbeitung künstlich gestreckt wird – vor allem bei Hackfleisch, Schinken und Bratwurst. Und was ein Münchner Metzger dazu sagt
MÜNCHEN - Mit Wasser gestreckte Lebensmittel kennt man: In Fruchsaftgetränken ist bis zu 90 Prozent zugesetztes Wasser enthalten. Aber auch Fleisch- und Wurstwaren werden gerne gestreckt – so lässt sich mit dem günstigen Nass die verkaufte Menge teuer aufpeppen: Das ARD-Magazin plusminus hat Tests durchgeführt und einige Tricks der Fleischverarbeitungsbranche aufgedeckt. Zwar gehört in manche Wurstwaren Wasser durchaus hinein, doch die Hersteller spritzen gerne noch etwas mehr dazu, so der Report.
Welche Tricks gibt es? 400 Gramm Hackfleisch enthalten nicht selten ein Fünftel Wasser – das sind gut 80 Milliliter, die zum Teil nachträglich hineinkommen. Der Kunde ahnt nicht, dass er nicht das reine Hackfleisch kauft, sondern auch billiges Wasser. Eine Praxis, die Engelbert Gaßner von der Münchner Metzgerinnung ablehnt: „Eine Weißwurst ohne Wasser gibt’s nicht. Das kommt da in Form von Eis, Salz und Gewürzen als Bindemittel hinein. Aber in Hackfleisch g’hört kein Wasser.“
Wie funktioniert’s? Der Trick: Der Hersteller schreibt nicht „Hackfleisch“ aufs Etikett, sondern „Hackfleisch-Zubereitung“. Das Extra-Wasser steht als Inhaltsstoff im Kleingedruckten. Mit Hilfe von in Rote-Beete-Saft eingefärbtem Weizenprotein fällt es nicht auf. Dessen Hersteller verspricht dem Fleischproduzenten eine kostengünstige „optimale Ausbeute“. Denn Weizen und Wasser sind sehr viel billiger als Fleisch.
Woran lässt sich’s erkennen? „Sehen kann man das nicht“, sagt Gaßner, „aber Sie merken es: Weil es nicht schmeckt“. Auf seine Produkte lässt der Metzgermeister natürlich nichts kommen: „Kommen Sie zu mir in die Zenettistraße 11 und überzeugen Sie sich.“
Wie viel Wasser ist drin? Ergebnis des Labortests: In einem 540-Gramm-Wurstpaket von Zimbo etwa stecken 280 Milliliter Wasser. Ein Teil davon ist Eigenwasser aus dem Fleisch. Aber 65 Milliliter hat der Hersteller nachträglich dazugegeben. Noch mehr Wasser enthält ein Bratwurstpaket von Tip: 320 Milliliter, ein Viertel davon Fremdwasser. Vor allem billige Würste sind ganz hübsch wässrig: Um bis zu 14 Prozent sind sie gestreckt.
Wie wird das Strecken gerechtfertigt? Die Firmen streiten die Zugabe von Wasser oder Eis nicht ab. Zimbo gibt zu: „In der günstigen Zimbo-Family-Bratwurst ist eine Eiszugabe von durchschnittlich 12 Prozent vorgesehen. Schließlich ist der Preis nicht zuletzt auch abhängig von der Rezeptur.“
Sind teure Produkte besser? Nicht immer: Gerade hochpreisige Light-Produkte sind ebenfalls sehr wässrig. Die Leberwurst von „Du darfst“ weist im ARD-Test mit Abstand das meiste Wasser auf. Eine fettreduzierte Bratwurst von Rewe unterscheidet sich von der „normalen" dadurch, dass weniger Fleisch, dafür mehr Wasser enthalten ist. Und teurer ist sie auch. Auf Nachfrage verteidigte sich Rewe: „Der Gesetzgeber schreibt nicht vor, wie die Fettreduktion zu erreichen ist."
Ist „Light“ eine Lüge? Eine Lüge ist die Verwässerung in diesem Fall nicht, nur Abzocke. Gaßner von der Metzgerinnung findet das nicht in Ordnung: „Für ein Leicht-Produkt braucht’s mageres Fleisch.“
Gibt’s auch bei Schinken Tricks? „Kochschinken wird mit Salzlake geimpft, sonst wird er trocken“, erklärt Gaßner. Ein Metzger braucht dazu nur etwa fünf Prozent Wasser, der Schinken lässt sich aber auch bis auf 30 bis 40 Prozent hochpökeln: Dann hat der Kunde fast die Hälfte schnittfestes Wasser erstanden.
Sind die Tricks legal? Die Hersteller tun nichts Verbotenes. Gemäß dem Deutschen Lebensmittelbuch dürfte die Fleischindustrie ihre Produkte sogar noch mehr strecken. Immerhin: Ein Drittel der getesteten Bratwurstproben kam ohne Extra-Wasser aus. Darunter selbst günstige Würste von Discountern. Es geht also durchaus.
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