Was Stadträte alles gratis bekommen
MVV, Theater, Fußball, Konzerte: Überall sind die ehremamtlichen Stadtvertreter mit dabei. Und das mit kostenlosen Ehrenkarten.
Die „Linke“ hat jetzt mit einem generösen Verzicht den Blick auf die Vorteile eines Ratsmandats gelenkt. Sie haben ihre Saisonkarte für alle Spiele des FC Bayern und des TSV 1860 in der Allianz-Arena an die Protokollabteilung im Rathaus zurückgeschickt. Die Tickets erscheinen ihnen „rechtlich fragwürdig“.
Was Münchner Stadträte alles bekommen können – eine Bestandsaufnahme:
Die Stadt hat mit den Fußballvereinen 56 Dauerkarten in der Allianz Arena ausgehandelt. Davon gehen 35 an die Stadträte, 16 stehen für Gäste der Stadt zur Verfügung und fünf Plätze teilen sich KVR, Schul- und Sportreferat und das Kommunalreferat. Davon sind sechs Plätze bei den noblen Business-Seats - auch wenn keine Gäste da sind.
Die Begründung: Stadt und Stadtrat waren mit dem Bau der Arena befasst, haben das städtische Grundstück in Erbpacht abgegeben und zahlen Millionen für die Infrastruktur drumherum. Und natürlich wollten sie nach dem Auszug aus dem städtischen Olympiastadion auch ganz schlicht wieder ins Stadion kommen.
Die Stadträte bekommen ein MVV-Jobticket (Innenraum). Im Gegensatz zu städtischen Mitarbeitern ist es kostenlos, es muss aber versteuert werden (die Summe ist auf der Jahresabrechnung fürs Finanzamt angegeben).
Für Konzerte und Veranstaltungen im Olympiapark erhält der Aufsichtsrat Freikarten – und aus dem kostenlosen Sponsoren- und Gästekontingent auch einzelne Stadträte, wenn sie sich melden.
Kulturinteressierte Stadträte im Feuerwehreinsatz
Umstritten ist der „Feuerwehrsicherheitsdienst“: Unter diesem Siegel gibt es zwei Dienstkarten für Stadträte für jede Aufführung in den großen Theatern (Oper, Resi, Prinze, Gärtnerplatz, Kammerspiele, Deutsches Theater, Volkstheater. Nicht das Theater der Jugend (das interessiert wohl keinen) und für jedes Konzert im Gasteig. Auf einer Wunschliste kann man sich eintragen. Übrigens: Es gibt dort auch echte Feurwehrleute.
Im Volkstheater und beim Deutschen Theater haben die Aufsichtsräte bei Premieren Freikarten. Bei den Kammerspielen wird zu Premieren der Kulturausschuss eingeladen. „Ich muss wissen, was dort gespielt wird“, verteidigt das eine Kulturstadträtin.
Mit ihrem Dienstausweis haben Stadträte freien Eintritt bei allen städtischen Museen und Galerien, ins Deutsche Museum, Bayerische Nationalmuseum, beim Tierpark und bei allen Messen.
Mit dem Dienstausweis kommen sie auch „in alle öffentlichen Lokale und Vergnügungsstätten“. Um zu „kontrollieren“, dürfen sie dort „Dienstplätze“ einnehmen. Ex-Stadtrat Christian Baretti hat das mal randalierend bei einem überfüllten Wiesnzelt versucht (nachher musste er sich reumütig entschuldigen).
„Was wollen sie dort kontrollieren?“, fragt ein führender Rathausbeamter. Aber über die „Kontrolle“ können sie der Pflicht entgehen, den geldwerten Vorteil bei der Steuer anzugeben, wie sie es bei Freikarten müssten. Weil die Karten meist aus Kontingenten stammen – und nicht namentlich an Stadträte gehen –, liege keine problematische „Vorteilsgewährung vor“, so ein Top-Jurist zur AZ: „Das ist nicht strafbar, aber verwerflich.“
Willi Bock