Was Minister Markus Söder den Münchnern in der Kirche predigt

München - Er höre auf seine innere Stimme, sagt er. Es gehe darum, aufrecht und selbstsicher zu sein, zu sich zu stehen, sich etwas zu trauen. Nicht auf die ganzen Berater zu hören, die ein Bild von einem vermitteln wollen.
Das sind selbstbewusste Worte für einen Minister, der erst kürzlich seinen ganz persönlichen Beraterstab aufgestockt haben soll.
Finanzminister Markus Söder (CSU) durfte am Sonntag in der Erlöserkirche an der Münchner Freiheit eine Kanzelrede halten. Der Politiker ist Mitglied der Evangelischen Landessynode, geht alle vier bis sechs Wochen zu einem privaten Gebetskreis und redet gern über den Glauben, den seine Partei im Namen trägt. Überhaupt redet er gern.
Deshalb wünscht er am Sonntagvormittag zunächst den sehr verehrten Damen und Herren einen gesegneten guten Morgen und fängt dann gleich damit an, dass er ja ganz gut auf die Kanzel passe. Denn Predigen sei schon in der Kindheit in seinen Genen gelegen.
Sein Vater, ein Maurermeister, habe gesagt: „Bub, du hast zwei linke Hände, aber ein relativ großes Mundwerk, da kommen nur zwei Berufe in Frage: Pfarrer oder Politiker.“ Die Zuhörer lachen, Söder ist zufrieden. Das war ein Einstieg, wie er ihn mag.
„Die Bibel – das ist Spannung, Liebe und Romantik“
Immer wieder baut er solche Lacher ein, etwa den: „Dass Jesus sich besonders gern mit Zöllnern an einen Tisch gesetzt hat, ist eine große Hoffnung für alle Finanzbeamten in Bayern.“ Oder den: „Man muss nicht promoviert haben, um zu glauben. Ich habe zum Beispiel promoviert und bin froh, das bis heute behalten zu haben.“
Große Teile seiner Rede sind durchaus ernst. „Das Christentum ist die modernste Botschaft überhaupt, weil es heißt: Jeder wird geliebt. Es zählt allein der Mensch, wie er ist“, sagt Markus Söder.
Er sei „echt fest überzeugt davon, dass der Satz ,Vertrau auf Gott und er weist dir den Weg’ stimmt“. Und anstatt sich Ratgeber-Bücher zum Glücklichsein zu kaufen, solle man das einzige wirklich wegweisende Buch lesen. „Das ist das großartigste Buch, das es je gegeben hat, das ist die Bibel. Da ist alles drin: Action, Spannung, Liebe, Romantik, Weisheit und die Wegweisung für unser Leben.“
Dann folgt ein erhobener Zeigefinger in Richtung des Gastgebers. Der Finanzminister sagt: „Für die Kirche spielt Geld ja auch eine ganz wichtige Rolle, wie man gerade hier in München im vergangenen Jahr gemerkt hat.“ Letztes Jahr wurde bekannt, dass die Evangelische Kirche in München rund 5,5 Millionen Euro im Anleihenhandel verzockt hat. Söder fährt fort: „Wobei ich mir immer denke: Ob Jesus sich selber wirklich mit Festgeldkonten, Geldanlagen und Kirchenbauten beschäftigt und die für so wichtig gehalten hätte, das ist glaube ich eine andere Frage.“
Natürlich nutzt Söder die Kanzel auch, um sein Profil zu schärfen und seine Mission „Seehofer-Nachfolge“ voranzubringen. Er gibt sich kernig: Er habe eben feste Überzeugungen. Und da bleibe er hart darin. „Mehrheit ist nicht Wahrheit und Konsens schützt nicht vor Nonsens“, sagt er. Mit diesem Satz bügelt er in Talk-Runden auch gern mal das Argument seiner Gegner weg, der Wähler habe eben so entschieden. Söders Selbstverständnis als Entscheider aus Überzeugung geht offensichtlich so weit, dass er dafür auch mal am Demokratiegrundsatz rüttelt.
Immerhin meint er, man solle nicht beleidigt sein, wenn es andere Meinungen gibt. Und: „In der Politik wie in der Kirche gilt: Verzeihen ist nie ein Fehler. Wer immer nur einen Rucksack voller Verletzungen mit sich herumträgt, der kann am Ende nicht mehr aufrecht laufen.“
Bedeutungsvolle Worte für den Mann, über den Ministerpräsident Horst Seehofer vor gut zwei Jahren sagte, er sei „vom Ehrgeiz zerfressen“, habe „charakterliche Schwächen“ und leiste sich „zu viele Schmutzeleien“.
Auch zumal Söder eigentlich genau weiß, wie nachtragend es in der Politik hinter den Kulissen zugeht. Aber: „Wenn man sich selber liebt, kann man auch andere lieben.“ Söder dürfte also viel Liebe zu verteilen haben.