Was ist ein Brot wert?

„Die Backshops sind eine ernstzunehmende Konkurrenz”, sagt der Chef einer Münchner Privatbäckerei. In den Billggeschäften gibt es Semmeln ab 20 Cent. In traditionellen Betrieben hingegen steigen die Preise.
von  Anne Hund
Unser Brot. Wie viel darf es kosten? Und wann ist es zu teuer?
Unser Brot. Wie viel darf es kosten? Und wann ist es zu teuer? © dpa

„Die Backshops sind eine ernstzunehmende Konkurrenz”, sagt der Chef einer Münchner Privatbäckerei. In den Billiggeschäften gibt es Semmeln ab 20 Cent. In traditionellen Betrieben hingegen steigen die Preise.

München Eine AZ-Schlagzeile bewegt München: Fast pausenlos erreichten uns gestern Anrufe und E-Mails, die sich mit dem Thema Brot beschäftigten.

Darunter: viele Danksagungen, Erfahrungsberichte und Anregungen, welche Bäckerei nun die ultimativ beste, traditionsreichste und fleißigste im Viertel sei. In der Liste der Innung tauchten – wie geschrieben – ja nur jene Innungs-Bäcker auf, die nicht mehr als ein Geschäft betreiben und in denen hinten gebacken und vorne verkauft wird. Eine aussterbende Art, nur noch 28 davon gibt es in der Stadt.

Was natürlich nicht bedeutet, dass andere Bäcker weniger frisch produzieren. Auch bei den kleinen und großen Filialisten – wie etwa Wimmer, Zöttl, Müller, Rischart, Höflinger oder Traublinger – wird auf hohe Qualität geachtet.

Die hat ihren Preis: Vorbei sind die Zeiten, als eine Bäckersemmel noch 25 Pfennig kostete – das war Anfang der 80er in München. Heute geben die Kunden locker 30, 40 Cent für eine einfache Semmel aus – beim Bäcker, denn Discounter liegen mit Billigangeboten klar darunter.


 

Die Preise:

Aktuell kostet eine Semmel beim Münchner Bäcker im Schnitt 33 Cent. Diesen Wert hat der Landes-Innungsverband für die AZ erhoben. 2009 wurden für die Semmel im Schnitt noch 32 Cent verlangt, 2005 waren’s 29 Cent. 1982 bezahlten die Münchner pro Stück umgerechnet etwa 12 Cent.
Aber auch der Laib Brot wird nicht günstiger: Ein Kilo Roggenbrot kostete vor zwei Jahren beim Bäcker im Schnitt noch 2,94 Euro. Heute sind im Schnitt 3,20 Euro fällig. Ein Plus von knapp neun Prozent. 1982 lag der Preis übrigens bei umgerechnet 1,59 Euro. Ein Plus von rund hundert Prozent.


 

Die Konkurrenz durch die Discounter:

„Fünf Semmeln für 99 Cent“. Mit Billig-Angeboten wie diesen locken Backshops, die ihre Semmeln über verschiedene Händler günstig ein- und verkaufen. Der „SB Backshop“ an der Sonnenstraße ist so ein Beispiel. „SB“ steht für Selbstbedienung. Ein Kilo Finnenbrot gibt es dort ab 2,25 Euro, die Weißsemmel für 22 Cent.

„Die Backshops sind eine ernstzunehmende Konkurrenz in München“, sagt Martin Wimmer, Chef der Bäckerei Wimmer. „Wir müssen deshalb umso mehr auf Qualität setzen.“ So verzichten die meisten Münchner Bäckereien auf tiefgefrorene, importierte Teiglinge. Kunden sollten nachfragen.
 

 


 

Die Kosten:

Günter Deppisch, der Geschäftsführer der Bäcker-Innung, verweist vor allem auf gestiegene Energiepreise und Löhne. Und auf die hohen Mieten. „In der Fußgängerzone finden Sie deshalb keinen normalen Bäcker mehr – außer Rischart, dem das Gebäude gehört.“
  

 


 

Ist das Brot zu teuer?

PRO & KONTRA: Die AZ-Redakteure Michael Schilling und Anne Kathrin Koophamel diskutieren über den steigenden Brotpreis.

Darf ich mal kurz nostalgisch werden? Als Bub bin ich mit einem Fünfmarkstück losgezogen: Dafür gab’s ein großes Mischbrot für die Familie, eine Schachtel „R6“-Zigaretten für den Opa – und für die übrigen 20 Pfennige Naschwerk für den braven Boten.

Heute bräuchte es dafür einen Zehn-Euro-Schein – und die süße Zugabe wäre kaum mehr drin. Für ein mittelgroßes Brot mit Körndln habe ich neulich 5,50 Euro bezahlt. Es hat ausgezeichnet geschmeckt, keine Frage. Und es ist sein Geld vermutlich wert.

Aber der Gedanke ist erlaubt: Wieso sind die Einkommen nicht in gleichem Maße gewachsen wie die Preise? Das fällt nicht nur beim Brot auf. Aber auch da.

 

 

Für 3,80 Euro gibt es einen mittleren Laib Brot – das ist vielen zu teuer. Aber 3,90 Euro für einen Coffee-to-go leisten sie sich gerne jeden Tag. Nur: Wie lange macht ein Cappuccino satt? Und wie lange hält ein Laib Brot?

Deutschland hat die niedrigsten Lebensmittelpreise Europas. Die Franzosen schütteln den Kopf, wenn sie bei uns im Supermarkt sind. Nie würden sie so günstige Lebensmittel kaufen, das könne keine Qualität sein.

So ist es auch: Wer beim Discounter eine Semmeltüte für unter einen Euro kauft, kann sich denken, dass kein hochwertiges Korn darin steckt. Gutes Brot macht satt, ohne als kalter Klumpen im Magen zu liegen. Mir ist mein Bauch locker 3,80 Euro wert.

 

 

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