"Was ich bereue"

Der Top-Schauspieler spricht in der AZ über Vor- und Nachteile des Älterwerdens, die Liebe und seine Abneigung gegen Berlusconi.
MÜNCHEN - Dieser Mann ist ein Phänomen: Mario Adorf (82, „Der große Bellheim“) landet stets bei allen Beliebtheits-Umfragen auf dem ersten Platz. „Der große Adorf“ wird er gern genannt. Alle kennen ihn, alle mögen ihn und seine Filme. Er hat so ziemlich jeden Preis gewonnen, den es gibt. Adorf genießt seinen Unruhestand – „so lange das noch klappt“.
Im Bayerischen Hof ist er, um für seinen Film „Krokodil“ (Karfreitag, ZDF, 21.15 Uhr) zu trommeln. Hat er eigentlich nicht nötig. Trotzdem freut er sich über das große Medieninteresse. Adorf sieht aus wie immer: der Bilderbuch-Lebemann. Gebräunt, glänzende Haare und strahlende Augen.
AZ: Herr Adorf, wie machen Sie es, dass Sie partout nicht älter werden?
MARIO ADORF: Oh, das ist aber nett. Ich tue nichts dagegen, vielleicht gebe ich heute etwas mehr acht auf mich – aber ich bin, um Himmels Willen!, kein Gesundheitsapostel. Ich liebe gutes Essen und guten Wein.
Klingt schön einfach. Wie sieht’s mit Sport aus?
Ach, im Sommer schwimme ich manchmal, im Winter ist für mich die faulere Zeit. Ich bin kein Typ, der ins Fitnessstudio rennt. Ich habe einfach Glück mit den Genen.
Macht es Ihnen Spaß, älter zu werden?
Tja, mit diesem Älterwerden ist das so eine Sache, ich weiß auch nicht. Es ist schön, gelassener zu werden. Ich würde ungern wesentlich jünger sein. Meiner Mutter sagte ich mal, du lebst doch noch 20 Jahre. Da meinte sie: „Warum soll ich 20 Jahre älter sein? Ich will lieber 20 Jahre jünger sein.“ Daran denke ich heute ab und zu. Aber an Hanekes Oscar-Gewinn und auch sonst, sieht man, dass ein größeres Interesse an älteren Menschen da ist.
In Ihrem neuen Film haben Sie alles und merken doch, dass das Wichtigste fehlt: Liebe, Familie. Sie verlieben sich in eine sehr viel jüngere Frau...
... das im wahren Leben nur zu einer Katastrophe führen kann. Das ist zumindest meine Erfahrung. Natürlich ist es reizvoll, sich als alter Mann nochmal zu verlieben, ein Aufflammen zu verspüren. Aber mit einer sehr viel jüngeren Frau hat das keine Chance. Meiner Meinung nach sagt eine 40-, 45-Jährige eher ja, wenn man ihr einen Heiratsantrag macht.
Sie lernten 1968 Ihre Frau Monique kennen und lieben. Wie hat sich die Liebe entwickelt?
Der normale Weg einer Liebe startet mit der Leidenschaft und der physischen Liebe, die nachlässt und zur Vertrautheit, zu Freundschaft und Gewohnheit übergeht. So sieht für mich die Entwicklung der Liebe zwischen zwei Menschen aus, die ihr Leben miteinander verbringen. Die Qualität der Liebe ändert sich, was aber kein Makel ist. Es gibt immer wieder Versuchungen und Einbrüche im Leben. Doch man kann ihnen widerstehen.
Wer war Ihre erste große Liebe?
Eine bewunderte Schulschönheit. Es begann im Herbst 1945 und war eine sehr lange, sehr große Liebe, wie man es später nicht mehr so erlebt. Wir haben zusammen das Abitur gemacht, dann hat es sich langsam aufgelöst. Sie ging zur Post, ich einen anderen Weg. Wir schrieben uns noch, sie heiratete, die Verbindung wurde lose und heute lebt sie leider schon gar nicht mehr.
Sie haben Jahrzehnte in Italien gelebt – wie sehr verfolgen Sie noch deren Politik?
Ich bin sehr enttäuscht über die Italiener und ich mag sie immer weniger, seit sie als erste das Rauchverbot durchgesetzt haben – und das, obwohl ich Nicht-Raucher bin. Ich habe früh angefangen, alles Berlusconi in die Schuhe zu schieben. Er hat nach wie vor einen grauenhaften Einfluss.
Bereuen Sie etwas?
Ab einem gewissen Alter empfand ich es als großen Fehler, Freundschaften nie so richtig gepflegt zu haben. Ich hätte mehr festhalten müssen. Das werfe ich mir heute vor, das bedauere ich sehr – aber sonst eigentlich nichts.