Was der Bayerische Rundfunk aus Ihren Gebühren macht

Das hat der Oberste Rechnungshof jetzt mal aufgedröselt. Wohin jährlich eine Milliarde Euro geht – und wie und wo der BR künftig sparen will.
von  nk

München - Schelte von höchster Stelle: Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) wirft dem Bayerischen Rundfunk mangelnden Sparwillen vor. In einem aktuellen Bericht über die finanzielle Situation der Anstalt, den die Prüfer gestern vorlegten, heißt es: Der BR habe notwendige Sparprogramme "zu spät und zu zaghaft" eingeleitet.

So seien zwischen 2010 und 2014 Jahresfehlbeträge von mehr als 100 Millionen Euro entstanden. Für den Zeitraum von 2017 bis 2010 sei ein Minus von 328 Millionen Euro zu erwarten.

Die AZ hat nachgelesen und zeigt, wie Ihr Rundfunkbeitrag investiert wird – und was die Prüfer bemängeln.

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17,50 Euro beträgt die monatliche Gebühr seit dem 1. April 2015. Davon bekommen die Landesmedienanstalten 33 Cent, das Deutschlandradio 48 Cent, das ZDF 4,32 Euro und die ARD-Anstalten 12,37 Euro. Von diesen fließen 3,54 Euro in gemeinschaftliche Aufgaben – und 8,83 Euro direkt an den BR.

948,4 Millionen hat der BR 2014 über die Rundfunkgebühr eingenommen (die damals noch bei 17,98  Euro lag). 846,8 Millionen davon stammten aus Privathaushalten.

1,077 Milliarden waren der Gesamtertrag 2014, der sich aus den Gebühren, Kostenerstattungen, Werbung (58,3 Millionen Euro), Beteiligungen, Zinsen etc. zusammensetzt. Ihm standen Ausgaben von 1,089 Milliarden gegenüber.

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244,4 Millionen davon flossen in Gehälter, Sozialabgaben und Unterstützungen für die 3362 festen Mitarbeiter.

79 Millionen Euro waren Aufwendungen für die Altersversorgung. Sie wiesen im Betrachtungszeitraum laut ORH eine Steigerungsrate von 251,1 Prozent auf.

122,3 Millionen gingen an die insgesamt 2061 festen freien und Gagenmitarbeiter.

325 380  Euro Jahresgrundvergütung erhielt Intendant Ulrich Wilhelm, das Grundgehalt der Direktoren betrug 1,037 Millionen. Zudem bekamen Intendant und Direktoren pauschale Aufwandsentschädigungen, heißt es im Bericht: "Ihnen war ferner die Nutzung des betrieblichen Pkw zu privaten Fahrten erlaubt. Außerdem wurde ihnen eine Altersversorgung zugesagt. Einzelne Direktoren erhielten darüber hinaus eine Vertretungszulage bzw. außertarifliche Zulagen."

40,9 Millionen gab der BR 2014 an Verwaltungskosten aus – eine Steigerung um 8,8 Prozent im Vergleich zu 2010.

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346,5 Millionen flossen ins Bayerische Fernsehen, 336,7 Millionen in den Hörfunk und 239,2 Millionen zur ARD.

616 Euro kostet die Produktion einer Minute "Sendestoff" für das Bayerische Fernsehen. Deutlich teurer sind 60 Sekunden im ARD-Gemeinschaftsprogramm: Sie schlagen mit 5227 Euro zu Buche, bei Eigenbeiträgen des BR sind es 3496 Euro. Der Rechnungshof kritisiert, dass der BR von allen ARD-Anstalten die höchsten durchschnittlichen Produktionskosten je Sendeminute aufweist. Günstiger ist mit 67 Euro dieselbe Sendezeit im Radio.

 

"Da besteht Handlungsbedarf"

 

3 262 595 Minuten Hörfunkprogramm und 586 886 Minuten Fernsehprogramm wurden 2014 gesendet.

16,1 Millionen gab der BR 2014 für sein Symphonieorchester aus, 8 Millionen für das Rundfunkorchester und 4,6 Millionen für den Chor.

3,7 Millionen investierte die Bavaria Film 2011 in das "Bullyversum". Bei einer jährlichen Besucherzahl von 280 000 sollten sich die Ausgaben innerhalb von fünf Jahren refinanzieren. Sollten. Doch es kamen nur halb so viele zahlende Gäste wie von der Geschäftsführung prognostiziert.

2,6 Millionen ließ sich der Sender die "Ersteinrichtung" des angemieteten Geländes in Dachau kosten, auf dem die Daily „Dahoam is Dahoam“ gedreht wird. Zukunft ungewiss: Der Vertrag läuft aus.

7,5 Millionen investierte der Sender 2014 in einen neuen Übertragungswagen. Der Rechnungshof kritisiert: Die insgesamt drei Fahrzeuge stünden zusammengerechnet 450 Tage pro Jahr ungenutzt herum.

362 000 Euro steckten die Bavaria Studios im Jahr 2009 in die Anfertigung einer Flugzeug-Drehkulisse – die nie genutzt wurde.

72,8 Prozent der Bilanzsumme bei den Passiva machten 2014 die Pensionsrückstellungen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro aus – eins der Hauptprobleme des BR.

"Der Rechnungshof hat recht, wenn er sagt, da besteht Handlungsbedarf", sagte Verwaltungsdirektor Albrecht Frenzel und kündigte einen verschärften Sparkurs an. "Ein weiteres Sparpaket wird auch 2017 nötig sein, da stimmen wir dem ORH zu."

Der prognostizierte Fehlbetrag von 328 Millionen sei aber überholt: "Dieser Prognosewert berücksichtigt noch nicht die neuerlichen Einsparungen, die der BR zum Wirtschaftsplan 2016 nachhaltig eingeleitet hat und die den Finanzbedarf um rund 120 Millionen Euro senken werden." Ebenso sei dabei der Abbau von 450 Planstellen oder 45 Prozent der Mitarbeiter im Fernsehproduktionsbetrieb nicht berücksichtigt.

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