Warum sich die CSU komplett vom CSD zurückzieht: "Sitzen nicht beleidigt in der Schmollecke"
München – Es wird wieder bunt in der Stadt – wenn am 22. Juni bei der CSD-Parade wieder Tausende queere Aktivisten für gleiche Rechte und Akzeptanz durch die Straßen ziehen. Dieses Jahr findet der Christopher Street Day (CSD) unter dem Motto „Vereint in Vielfalt – gemeinsam gegen Rechts“ statt.
Dominik Krause (Grüne), der erste offen schwule Bürgermeister Münchens, wird die Polit-Parade am Samstag zusammen mit Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) anführen. Krause begrüßt das Motto: Der CSD ist in seinen Augen heuer noch politischer als in den vergangenen Jahren. „Es gibt einen deutlichen Anstieg queerfeindlicher Gewalt. Ich kann das auch durch viele Fälle aus meinem persönlichen Umfeld beschreiben“, sagt Krause. Stephan Platek, ein Aktivist aus der Fetisch-Szene, ist bei der CSD-Parade 2023 mit Pfefferspray angegriffen und beleidigt worden. „Aber ich werde nicht klein beigeben“, sagt er.
209 Gruppen für die Parade angemeldet
Dieses Jahr haben sich 209 Gruppen für die Parade angemeldet, letztes Jahr waren es 181. Wegen der vielen Teilnehmer muss die Demonstration den Gärtnerplatz auslassen – weil die Straßen zu eng sind. Zum neuen Sicherheitskonzept gehört ein digitales Ampelsystem, das anzeigen soll, welche Straßen bereits überfüllt sind. Neu ist in diesem Jahr außerdem eine weitere Bühne am Wittelsbacher Platz. Das Party-Areal ist dieses Jahr am Reiterdenkmal am Odeonsplatz.
Was nicht neu ist: Die Veranstalter haben sich wieder dazu entschieden, die Anmeldung der CSU-Stadtratsfraktion zur Parade abzulehnen.
"Alle Menschen, die an der Parade teilnehmen, müssen den Kernforderungen zustimmen und sich dafür einsetzen", erklärt Dario Ponto vom Verein Diversity München. Der CSD fordere bereits seit Jahren etwa die Abschaffung des Transsexuellengesetzes und die Einführung eines Selbstbestimmungsgesetzes, wie es die Bundesregierung jetzt auf den Weg gebracht hat. Dadurch soll die Änderung von Geschlechtseinträgen beim Amt künftig deutlich leichter werden. Die Bayerische Staatsregierung aus CSU und Freien Wählern lehnt das ab.
"Das spricht nicht für Vielfalt"
Mit der CSU im Stadtrat führe die CSD-Community aber sehr wertvolle, sehr vertrauensvolle Gespräche. "Die Stadtratsfraktion unterstützt die Community immer wieder, wenn andere Parteien Anträge stellen und auch sonst", erklärt Ponto. "Die CSU Stadtratsfraktion in München ist wahrscheinlich der liberalste Ortsverband der CSU", sagt Ponto. Aber sie könne sich nicht von ihrer Mutterpartei loslösen.
Besonders wenn verletzende Aussagen der Parteispitze durch die Stadtratsfraktion unwidersprochen bleiben. Und daher dürfe sie auch nicht als eigene Gruppierung teilnehmen. Hans Theiss, der stellvertretende Vorsitzende der CSU-Stadtratsfraktion, findet das "schade und unnötig". "Das spricht nicht für Vielfalt. Gerade bei dem Motto ,Gemeinsam gegen Rechts' gehört eine große Volkspartei dazu", findet er.
CSU darf sich am CSD beteiligen – nur nicht mit einem eigenen Wagen
Laut den Veranstaltern des CSD steht es der CSU frei, sich wieder mit einem Infostand am Straßenfest zu beteiligen – wie in den letzten Jahren. Doch heuer scheint sich die CSU damit nicht mehr zufriedenzugeben: "Den Infostand machen wir nicht", sagt Theiss. "Er war als Zwischenschritt zum Wagen gedacht. Wir wollen wie alle anderen demokratischen Parteien dabei sein." Ganz ohne die CSU wird der CSD dieses Jahr aber nicht stattfinden: "Ich werde hingehen und mitfeiern", sagt Theiss. "Wir sitzen nicht beleidigt in der Schmollecke."
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