Warum gab’s eigentlich keine neue Wahlbenachrichtigung?

800.000 Euro hätte es gekostet, alle Haushalte auf die Stichwahl am Sonntag hinzuweisen. Wer abstimmen will, braucht nur einen Ausweis.
von  Julia Lenders
Für die Stichwahl hat's keine neue Wahlbenachrichtigung gegeben.
Für die Stichwahl hat's keine neue Wahlbenachrichtigung gegeben. © imago

 

München - Am Sonntag entscheiden die Münchner, wer ihr neuer Oberbürgermeister wird. Wobei diese Formulierung eigentlich nicht ganz zutreffend ist, denn „die Münchner“ klingt nach einem Großteil der Bevölkerung. In Wirklichkeit aber ist der größte Teil der Wahlberechtigten schon beim ersten Durchgang der OB-Wahl vor knapp zwei Wochen daheim geblieben.

Nur 42 Prozent gaben ihre Stimme ab – ein neuer Negativ-Rekord bei Kommunalwahlen. So wenige waren’s noch nie. „Todtraurig“ findet Wahlamtsleiter Peter Günther diesen Wert. Politische Beobachter befürchten, dass zur jetzt anstehenden Stichwahl sogar noch weniger Menschen gehen.

Weil es die fünfte Abstimmung in München innerhalb von nur sieben Monaten ist. Weil in dem eher müden Wahlkampf die Unterschiede zwischen den Kandidaten vielleicht nicht klar genug geworden sind. Oder weil es die Bürger schlicht nicht interessiert, wer München regiert.

Wäre es angesichts der miesen Mitmach-Quote nicht sinnvoll gewesen, wenn die Stadt nochmal einen Schwung Wahlbenachrichtigungen verschickt hätte? Peter Günther vom Wahlamt erklärt: „Vom Rechtlichen her ist das nicht vorgesehen.“ Die Kommune hätte eine solche Sendung aber dennoch auf freiwilliger Basis machen können.

Der Stadtrat hatte vorige Woche darüber diskutiert, ob nochmal Post an die Haushalte der rund 1,1 Millionen Wahlberechtigten rausgehen solle. Mit dem Ergebnis, darauf zu verzichten. Warum? Zum einen gab es ein organisatorisches Problem. Eine große Gruppe hätte aus den Adressaten heraussortiert werden müssen. All diejenigen nämlich, die bei der Briefwahl für den ersten Durchgang der OB-Kür angegeben hatten, im Fall einer Stichwahl wiederum Briefwahl-Unterlagen zugeschickt bekommen zu wollen. Das waren immerhin 175.000 Menschen.

Außerdem war das Ganze eine Kostenfrage. Peter Günther sagt: „Die Gaudi hätte 800.000 Euro gekostet.“ Für ihn stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit: „Soll man das machen, damit man zwei bis drei Prozent mehr Wahlbeteiligung kriegt?“ Günther meint: „Wenn die Wähler nicht mehr erreicht werden, dann ist das nicht die Schuld der Behörde.“ Es sei Sache der Parteien, ihr Wählerpotenzial anzusprechen.

Was die Stadt trotzdem gemacht hat: Sie hat in Behörden und Bibliotheken Plakate aufhängen lassen, die auf die Wahl hinweisen. Und: Es gibt einen einschlägigen Video-Spot, der auf Infoscreens in U- und S-Bahnhöfen läuft.

Der Kommunikationswissenschaftler Bernhard Goodwin von der überparteilichen Initiative „Ich wähle mit“ findet ganz grundsätzlich: „Eine weitere Wahlbenachrichtung vor der Stichwahl sollte gesetzlich verpflichtend werden.“ Solange sie das nicht sei, solle die Stadt das gesparte Geld einsetzen, „um wirksam Werbung für Wahlen zu machen“.

Wahl-Faule können sich am Sonntag übrigens nicht darauf berufen, dass sie ihre „alte“ Wahlbenachrichtigung schon weggeworfen haben. Jeder darf mit einem gültigen Ausweis oder Pass zur Abstimmung gehen. Wer nicht weiß, wo sein Wahllokal ist, kann sich telefonisch informieren unter 233 96 233.

 

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