Warum das Schwabylon in München schnell wieder vor dem Aus stand: "Einsam wie nachts im Englischen Garten"
München – Legt man jungen Münchnern 2024 Fotos des Schwabylon vor, fragen sie wohl "Echt jetzt?", dieses Ding soll tatsächlich an der Leopoldstraße gestanden haben? Ja, echt jetzt. Und es wurde so ein Flop, dass es nach wenigen Jahren wieder abgerissen wurde.
Das fensterlose Schwabylon erinnerte von außen an eine Stufenpyramide, auf die eine stilisierte aufgehende Sonne in knalligen Farben aufgemalt war, der Nachtclub "Yellow Submarine" (mit Aquarium mit echten, lebenden Haien) grenzte direkt an.
Das Ensemble ist zweifelsohne ein Kuriosum der Münchner Architekturgeschichte - und nur verständlich aus einer Zeit heraus, in der München tatsächlich Avantgarde in der Bundesrepublik war.
Das "Schwabylon" entpuppt sich schnell als Spekulationsruine
Doch schon wenige Monate nach der Eröffnung Ende 1973 zeichnet sich sehr deutlich ab, dass sich das Konzept nicht trägt. Heute vor 50 Jahren, am 17. Juli 1974, fragt die AZ: "Ist das Schwabylon am Ende?" Der Autor schreibt explizit von einer "Spekulationsruine", von 100 Geschäften seien schon jetzt nur noch zwölf in Betrieb.
"Der Irrsinn hat 156 Millionen Mark gekostet", heißt es im Text. Das Schwabylon, eben erst als Freizeitstadt mit "Pomp und Prominenz" eröffnet, habe sich in eine Geisterstadt verwandelt. "Aus dem Einkaufsparadies hinter der poppig bemalten Metallfassade ist eine verdammte Blechkiste geworden". Auch der Sportbereich mit Schwimmbad, Sauna und Restaurant sei verrammelt.

München: Im Schwabylon "tags einsam wie nachts im Englischen Garten"
"In den dunklen Gängen der Ladengeschosse ist es jedoch schon jetzt zu den Hauptgeschäftszeiten so einsam wie nachts im Englischen Garten", notiert der AZ-Reporter, "die Verkäuferin eines Kleidergeschäfts lebte wochenlang in Angst, weil sie so alleine war. Nun ist auch ihr Geschäft geschlossen."
Ingo Bubenik, der Inhaber der Gemäldegalerie im Untergeschoss, hält nur deshalb aus, weil er einen festen Kundenstamm hat und nicht auf Laufkundschaft angewiesen sei. "Von dem, was ich hier umsetze, könnte ich natürlich nicht leben." Seine Nachbarin, die Boutiquenbesitzerin Doris Corzelius, zahlt gar keine Miete mehr. "Wovon denn auch!"
Die AZ schreibt an jenem 17. Juli 1974, ein Planungsteam - inzwischen hat die Hessische Landesbank das Objekt von einem schwäbischen Baulöwen übernommen - solle nun aus der "Spekulationsruine" ein rentierliches Objekt machen, möglich sei sogar, dass das Schwabylon nicht mehr Schwabylon heiße, man so umbaue, dass ein Kaufhaus Platz hat.
Wie man heute weiß, sollten all diese Überlegungen nicht mehr zu einem Erfolg führen. Schon Ende 1974 gab es keinen einzigen offenen Laden mehr im Schwabylon. Fünf Jahre später wurde es abgerissen. Und ist heute nur noch ein sehr bunter Fleck der Münchner Architekurgeschichte.
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