Wand, Tunnel oder Trog
Der viergleisige Ausbau der Bahntrasse im Osten ist Chance für eine neue Großsiedlung. Aber alles hängt ab vom 2. Stammstrecken-Tunnel.
MÜNCHEN - Im Münchner Osten kann die Stadt eine neue Siedlung entwickeln, die an die Großprojekte Riem und Freiham heranreicht. Doch alles hängt an der Bahn: Die plant, die Trasse der S8 vierspurig auszubauen. Die zwei neuen Gleise nutzen hauptsächlich dem Güterverkehr. Aber es gibt unterschiedliche Absichten, wie die Trasse gestaltet werden soll: Als Billigvariante auf dem Niveau von heute – oder mit einem teueren Tunnel zwischen Daglfing und Johanneskirchen, wie es die Stadt wünscht.
Ganz neu ist eine dritte Variante, die gestern im Stadtrat vorgestellt wurde. Heute zerschneidet die Bahnlinie die Landschaft, sind die Bahnschranken im Schnitt 30 Minuten pro Stunde geschlossen. Und so unterscheiden sich die drei Lösungen:
- Wand: Die vierspurige Trasse verläuft rein oberirdisch und hat drei Straßenunterführungen: Johanneskirchner Straße, Englschalkinger Straße und Daglfinger Straße. Es gibt zwei Meter hohe Lärmschutzwände entlang der S-Bahn und vier Meter hohe Wände entlang der Gütergleise. Kosten: geschätzte 210 Millionen Euro, von denen 35 Millionen auf die Stadt entfallen. Diese preiswerteste Variante soll 15 Dezibel leiser sein als der Bahnlärm heute. Bauzeit: bis zu viereinhalb Jahre. Das ist die Lösung, die Bahn und Freistaat wollen.
- Tunnel: Eine drei Kilometer lange Röhre wünscht sich die Stadt. Dabei werden die Gleise und die Bahnhöfe Daglfing, Englschalking und Johanneskirchen unterirdisch gelegt. Kosten: 670 Millionen Euro – von denen die Stadt bis zu 550 Millionen zahlen müsste. Bauzeit: sechs bis acht Jahre. Damit wäre die Schneise weg, es ließe sich der Stadtteil zusammenfügen und ein neues Siedlungsgebiet entwickeln: Wohnungen für etwa 12000 Münchner und rund 2000 Arbeitsplätze. Das Potenzial sei erweiterbar, so das Planungsreferat. Es schielt auf 540 Hektar in den Stadtbezirken Bogenhausen und Trudering-Riem. Nach den drei Ringtunneln würde die Stadt so eine Eisenbahnröhre finanzieren.
- Trog: Eine neue Variante – dabei bleiben die Gleise auf dem Niveau der ersten Lösung. Doch Wälle und Lärmschutzwände lassen sie wie in einem Trog verschwinden: Autos werden in Tunnel unter der S-Bahn hindurchgeleitet. Fußgänger und Radfahrer überqueren auf Brücken die Bahntrasse. Dazu gibt es „Grünbrücken“ und begrünte Lärmschutzwälle, als wenn die Landschaft hügelig wäre. Kosten: 300 Millionen Euro, von denen 125 Millionen die Stadt zahlen müsste. Bauzeit: sechs bis acht Jahre. Dabei sind alle Kosten nur geschätzt.
Laut Gutachter werden alle Varianten teurer. Fertigstellungstermin: 2025. In allen Summen stecken bereits die Kosten für den späteren Unterhalt des Tunnels. An diesem Ausbau hängt auch die Express-S-Bahn zum Flughafen. Dafür wiederum wird die zweite Stammstrecke gebraucht.
Um die wird aber noch gestritten. Im Stadtrat zeichnet sich eine Mehrheit für den Tunnel ab. Entschieden wird das Ende Februar. Danach will die Stadt mit Bahn, Bund und Freistaat verhandeln, damit die Röhre gebaut wird. Denn bauen müssen die nur die billigere erste Variante.
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