Walhkampf in München: Die Geschenke der Parteien
München - Ach, wer braucht schon Inhalte: Wer wollte gleich noch die Steuern senken, wer die Mieten bremsen und wer die Renten anheben? Hat man bis zur Bundestagswahl am 24. September sowieso wieder vergessen.
Eher im Gedächtnis bleibt da schon das Frisbee, der Kochlöffel oder dieses wirklich süße Windrad, das man am Infostand geschenkt bekommen hat – oft noch mit einem kecken Spruch drauf. Vor allem bei Kurzentschlossenen dürften diese kleinen Give-aways oft mehr Wirkung zeigen als ein Infobrief. In der Wahlkabine erinnert man sich im Zweifel eben doch eher an das handfeste Wahlkampfgeschenk, nicht an die Versprechen aus dem Parteiprogramm.
Auch die Münchner Wahlkämpfer haben über alle Parteigrenzen hinweg erkannt, dass man sich schon mit kleinen Dingen wie einem Flaschenöffner oder einem Feuerzeug oft nachhaltiger in Erinnerung bringt als mit einer noch so brillanten Wahlkampfrede.
Die AZ hat die ausgefallensten Wahlkampfgeschenke zusammengetragen, mit denen die Münchner Direktkandidaten derzeit auf der Straße für sich werben. Von der Badeente über den Sattelschoner bis zum eigens gebrauten Bier ist alles mit dabei – aber schauen Sie selbst.
Bernhard Goodwin (SPD): Ente mit Botschaft
Man mag es kaum glauben, aber diese Ente hat eine politische Botschaft: Bernhard Goodwin, der SPD-Kandidat für den Münchner Westen, will sie am 8. September im Pasinger Stadtpark in der Würm zu Wasser lassen.
Goodwin und seine SPD wollen mit der Aktion darauf hinweisen, dass es im Leben immer Schnellere und Langsamere geben wird – am Ende aber doch jeder irgendwie ans Ziel kommt.
Natürlich soll Goodwins Ente nicht die einzige bleiben, die über die Würm schippert. Sein Wahlkampf-Team ist deshalb schon fleißig am Verteilen. Schließlich sollen die Wähler auch in der Badewanne den Eindruck bekommen: Wer schon mit einer Badeente so schön kleine Politik machen kann, der kann auch im großen Politikteich mitschwimmen.
Bernhard Loos (CSU): Maß mit Konterfei
Bis jetzt hat der CSU-Kandidat für den Münchner Norden vor allem mit einem etwas aus dem Ruder gelaufenen Weinfest am Josephsplatz in Schwabing auf sich aufmerksam gemacht. Im Wahlkampf-Endspurt setzt Bernhard Loos aber wieder auf ein in Bayern etwas gebräuchlicheres Getränk, nämlich Bier.
Ende dieser Woche will der 62-Jährige mit Infoständen im XXL-Format noch einmal bei den Wählern punkten. Es gibt Bratwürste und Bier vom Holzfass. Das Bier wird in einem Maßkrug ausgeschenkt. Vorne drauf: das Konterfei von Bernhard Loos und eine Aufforderung zum Urnengang – "Zur Wahl – zum Wohl".
Umsonst gibt es die Erfrischung nicht. Für das Bier muss man schon bezahlen. Der Erlös fließt aber nicht in die CSU-Wahlkampfschatulle. Das Geld will Loos einer Münchner Sozialstiftung spenden.
Stephan Pilsinger (CSU): Er verzapft uns was
Für Bayern eine eher ungewöhnliche Biersorte, aufgrund des Namens aber natürlich vollkommen nachvollziehbar: Stephan Pilsinger, CSU-Kandidat im Münchner Westen, hat sich für seinen Wahlkampf vom Giesinger Bräu ein eigenes Pils brauen lassen.
Als Arzt inszeniert sich Pilsinger im Wahlkampf zwar gerne auch im weißen Kittel. Bei seiner "Sprechstunde" hört er sich die Sorgen und Nöte der Menschen aus seinem Wahlkreis an. Der 30-Jährige ist aber niemand, der der Gesundheit wegen, zu allzu großen Verzicht raten würde. Man muss sich auch mal was gönnen, schließlich lebt man nur einmal.
Pilsinger findet deshalb nichts dabei, seinen Wählern auch mal im wahrsten Sinne des Wortes etwas zu verzapfen. Freilich auch nicht im Übermaß: Das Pilsinger Pils gibt es als Gag nur zu besonderen Anlässen, nicht einfach am Infostand auf der Straße.
Dieter Janecek (Grüne): Frecher Jutebeutel
Dieses kleine Geschenk zu beschreiben, ist überaus verfänglich, denn natürlich würde Dieter Janecek nie von sich behaupten, ein "geiler Sack" zu sein. Trotzdem verteilt der Grünen-Politiker den in Parteifarben gehaltenen Jutebeutel gerne auf der Straße. Ein bisschen frech, ein bisschen ironisch – und doch durch und durch öko. Mal schauen, ob das für das Mandat im Münchner Westen reicht.
Thomas Sattelberger (FDP): Sattelbergerschoner
Der frühere Daimler-Manager und Telekom-Vorstand Thomas Sattelberger will mit Ende 60 noch einmal in den Bundestag. Er tritt im Münchner Süden für die FDP an. Und auch er verlässt sich nicht nur auf seine politische Überzeugungskraft und seine prominente Vergangenheit. Auch Sattelberger arbeitet mit kleinen Wahlkampf-Geschenken.
Auch bei ihm stand der Name Pate für die Idee: Sattelberger, Sattelschoner – das klingt fast schon nach einer Zwangsläufigkeit. Und pünktlich zum Wahlkampf-Endspurt sind die Überzieher nun auch da. Dass diese so geschnitten sind, dass man Sattelberger beim Radlfahren den Hinter ins Gesicht drückt – der FDP-Kandidat wird es einem sicher nachsehen.
Florian Post (SPD): Falls die Würze fehlt
Feierabend, Brotzeit packen und ab in den Biergarten – blöd nur, wenn man das Salz zu Hause vergessen hat. Dieses Szenario war wohl die Inspiration für das kleine Mitbringsel, mit dem sich Florian Post (SPD) im Münchner Norden die Direktwahl sichern möchte: Es ist ein Tütchen Salz. Nicht besonders ausgefallen, zugegeben. Aber wenn man Radieschen vor sich liegen hat, kein Salz zur Hand – und dann findet man in der Hosentasche dieses SPD-Tütchen. Das kann schon ein paar Stimmen sichern.
Michael Kuffer (CSU): Der Eismann kommt
Stadtrat Michael Kuffer will mit aller Macht in den Bundestag. Dafür will er nach eigenen Angaben einen Straßenwahlkampf machen, wie ihn der Münchner Süden noch nicht gesehen hat. Auf kleine Geschenke verzichtet der 45-Jährige aber bewusst. So ein Schmarrn, bringt nichts, schmeißt man ohnehin nur weg – so die Haltung des CSU-Politikers.
Ganz ohne alles schickt aber selbst Kuffer die Besucher seines Infostandes nicht weg. Er hat sich für den Wahlkampf einen riesigen Eisvorrat zugelegt. Wo auch immer er in seinem Wahlbezirk um Stimmen wirbt: Die Eistruhe ist stets dabei. Capri oder Kaktus – das Bestechungsmaterial lässt sich sofort vernichten. Nur den Kuffer-Aufkleber auf der Packung muss man erdulden – da kommt man so kurz vor einer Wahl freilich nicht drum rum.