Wahnsinn im Untergrund

Immer schön langsam bleiben: Die Aberdeener Band The Melvins spielt im Backstage
Unvergessen, dieses Konzert, Mitte der 90er in München: Der Schlagzeuger war bis auf ein knapp sitzendes Unterhöschen nackt, bearbeitete die Becken mit einem Hammer. King Buzzos Afro wippte zum Tackern einer Gitarre, deren Verzerrersound so teuflisch aus dem Verstärker rauchte, dass von menschlicher Hand gearbeitete Elektronen-Röhren ihn kaum erzeugt haben konnten. Zu dieser Zeit rotierten die Kassetten der Melvin im Walkman, bis das Band den Geist aufgab.
Die Melvins waren der dreckige Bodensatz des Grunge-Hype – die Band, die Nirvana erst in die Spur half. Kurt Cobain scheiterte als Fan und Freund, bei dem Versuch seiner Bewerbung um den Posten des Gitarristen. Nirvana wurden Popstars, die Melvins sind dunkelster Underground. Denn diese Gruppe bremste den Rock-Beat herunter, bis jeder Schlag sich zu monströser Größe auswuchs. Die Melvins verehrten Bands wie Kiss und bauten zwischen Glam und Hard Rock an ihrer eigenen Welt des Wahnsinns, mittlerweile auf dem Ipecac-Label des Faith-No-More-Sängers Mike Patton. „Nude With Boots“ heißt das aktuelle, in diesem Jahr erschienene Album.
Christian Jooß
Backstage, Friedenheimer Brücke 7, Beginn: 21 Uhr, Eintritt: 25 Euro, Support: Big Business und Porn, Infos unter www.backstage089.de