Wahnmoching lebt: "Leben wie ein Fürst in Schwabing"

Die Firma „Goldgrund” bietet an der Münchner Freiheit ein „Traumobjekt für finanzielle Highperformer” an. Was an dem Projekt dran ist – und auf welcher Wahrheit es sich gründet.
von  Willi Bock
Die Firma „Goldgrund” bietet an der Münchner Freiheit ein „Traumobjekt für finanzielle Highperformer” an. Was an dem Projekt dran ist – und auf welcher Wahrheit es sich gründet.
Die Firma „Goldgrund” bietet an der Münchner Freiheit ein „Traumobjekt für finanzielle Highperformer” an. Was an dem Projekt dran ist – und auf welcher Wahrheit es sich gründet. © az

MÜNCHEN - In München ist einem langsam nichts mehr fremd: 25000 Euro für einen läppischen Quadratmeter mit unverbaubarem Blick auf die Alpen, Luxusleben statt einer alten Garage in der Altstadt oder feudalste Wohnungen auf dem Platz einer abgetakelten Absturzbaracke in Altschwabing. Alles wird gezahlt.

Und kurz bevor die Abrissbagger aus der alten Metro an der Leopoldstraße die nächste mondäne Herberge für die oberen 10000 machen – da findet man bei ImmoScout eine behagliche „Arche” für München: sieben Zimmer, 560 Quadratmeter, schlappe 8,5 Millionen Euro. Schon ab 15178,57 Euro. „Leben Sie wie ein Fürst in Schwabing” – mit Goldgrund, dem Münchner Immobilien-Organisator.

Dafür „zaubern unsere Architekten eine lichtdurchflutete Fassade auf der bislang ungenutzten Brache”, sie bringen die „Leichtigkeit des Steins zum Strahlen” und bieten „in Zeiten sozialer Kälte ein behagliches und sicheres Refugium”. Seufz. Traumhaft! Oder ein Albtraum?

Soweit ist das nichts Besonderes und wäre durchaus vorstellbar. Wenn da nicht der Bau-Platz wäre: Die Münchner Freiheit. Nun gab es da wirklich schon einmal Baugelüste – aber die Baugerüste kamen nicht. Oder „noch nicht”?

Nur – es ist ein Spaß. Doch leider einer, der auf einer Wahrheit ruht: Dem ungebremsten Luxus-Boom in München und der Vertreibung der alten Bevölkerung.
Die Internetseiten von www.goldgrund.org sind perfekt inszeniert: Die scheinen wie jene Werbeseiten für die neuen Paläste. Die (noch) unbekannten Autoren schwelgen in der schnörkeligen, alles versprechenden Sprache der Makler. Eine Parodie.

„Abends ist auf unserer streng privaten Freiheits-Plaza jederzeit ein Tisch für Sie und Ihre Lieben reserviert. Von dort können sie die pulsierende City in Cinemascope genießen, ohne dass diese Ihnen je zu nahe käme”, heißt es.

Es gibt „separate Eingänge für die eigentlichen Bewohner” und „Doorman-Service, Double-Carport, Airport-Shuttle-Service und eigenes U-Bahn-Entree”.

Dann ist da das „Wissen um unsere große soziale Verantwortung im urbanen Setting”, mit dem man „den Anwohnern der umliegenden Viertel großzügige Entwicklungschancen” gebe. Als Putzfrau oder so. Und da die soziale Verantwortung im Makler-Schmalz nahe bei der Ökologie liegt, bietet Gold Grund „zertifiziertes Tropenholzparkett” und einen japanischen Dachgarten. Wem das nicht reicht, dem bietet sich die Chance auf Anteile an der dritten Startbahn oder eine Insel im Staffelsee.

Im Internet ist schon eine Debatte entbrannt. Manche erkennen die Ironie nicht: Weil es eben in München vorstellbar ist. Auch das Büro des Oberbürgermeisters hat sich schon vom Planungsreferat beruhigen lassen.

Das Büro von „Goldgrund” gibt es übrigens wirklich: in der Haimhauserstraße 16. Es ist allerdings das Gegenteil der Goldfassade: ein Tisch, ein Sessel, abgerissene Wände. Dort steigt heute um 18 Uhr eine Party.

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