Wahlkampf auf der Wiesn: Große Koalition in der Box

Erst wurde übereinander gefrotzelt, dann ließ man sich gemeinsam bejubeln: Mit zwei Schlägen hat Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) am Samstag um zwölf Uhr das erste Fass der 176. Wiesn im Schottenhamel angezapft und die erste Maß Ministerpräsident Horst Seehofer gereicht.
von  Abendzeitung

MÜNCHEN - Erst wurde übereinander gefrotzelt, dann ließ man sich gemeinsam bejubeln: Mit zwei Schlägen hat Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) am Samstag um zwölf Uhr das erste Fass der 176. Wiesn im Schottenhamel angezapft und die erste Maß Ministerpräsident Horst Seehofer gereicht.

In der Anzapf-Boxe spottete Ude über die CSU-Rotation im höchsten Amt des Freistaats: „Ich genieße es, dass ich hier jedes Jahr die Chance habe, einen neuen Ministerpräsidenten kennenzulernen. Wo ist so viel Abwechslung heute noch geboten?“ Seehofer kam im Trachtenanzug, seine Frau Karin – anders als Marga Beckstein – im blau-weißen Dirndl mit roter Schürze. Er habe nicht so schöne Wadeln wie der Oberbürgermeister, begründete Seehofer seine Kleiderwahl. Er wolle „versuchen, das Rotationsprinzip abzustellen – der neue Bayern-Trainer hält auch nichts davon“.

OB Ude wünschte noch ein weiteres Mal mit Nachdruck, dass diese Wiesn „friedlich bleiben soll“ – dann nahm er mit Seehofer in der Ratsboxe auf der Empore Platz. Als Ude als erster von oben in die Menge prostete, brandete Jubel auf, sogar „Super Ude“ wurde skandiert. Noch lauter war der Jubel, als Ude und Seehofer gemeinsam die Krüge hoben – große Koalition in der Ratsboxe. Das freute Seehofer so sehr, dass er dem erschrockenen Ude kräftig auf die Schulter haute.

Laute Buhrufe gab es hingegen für die Grünen-Politiker Claudia Roth und Sepp Daxenberger – der eine in dunkelgrüner Weste, die andere im hellgrünen Dirndl. Nach dem Pfeifkonzert sagte der Waginger: „Bei mir daheim hab’ ich im Bierzelt kein Problem – und das ist mir wichtiger.“

Fünf Tische neben Seehofer saß Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP). Über die Liberalen sagte Seehofer nach eineinhalb Maß und dem Geständnis, dass er früher „nicht nur einmalig, sondern mehrmals“ auf der Wiesn abgestürzt sei: „Das Oktoberfest ist mir lieber als zwei Kabinettssitzungen mit der FDP.“ Auf die Frage, ob er mit Seehofer anstoßen werde, sagte Vize-Regierungschef Zeil nur: „Er sitzt ja so weit weg“. Sprach’s und eilte wenig später an Ude und Seehofer vorbei, um Claudia Roth über den ganzen Tisch hinweg die Hand zu reichen. Polit-Gymnastik, die Ampel-Fantasien befördert.

Absturz-Beichten sind OB Ude hingegen fremd: „Ich trinke nie zu viel. Als ich acht Jahre war, hat mein Onkel mich vom Bier trinken lassen und ich wurde müde. Seitdem habe ich ein sicheres Gespür, wie viel ich vertrage“, sagt er.

Ein sicheres Gespür hatte auch Karin Seehofer. Fünf Dirndl hat Bayerns First Lady im Schrank: „Ich habe mir nicht lange Gedanken gemacht, welches ich anziehe. Das war eine reine Bauchentscheidung.“ Was sicher auch für die rote Schürze gilt: „Heute hat Politisches keine Bedeutung, es geht ums Feiern“, kommentiert Horst Seehofer die Farbwahl seiner Ehefrau.

akk, tha

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