Wahlgeschenke: Münchner Rentner sind die Deppen

Die neue „Lebensleistungsrente“ soll sich an dem orientieren, was bedürftige Rentner schon jetzt in den teuersten Großstädten der Republik an Grundsicherung bekommen
von  tan

Die neue „Lebensleistungsrente“ soll sich an dem orientieren, was bedürftige Rentner schon jetzt in den teuersten Großstädten der Republik an Grundsicherung bekommen

Berlin - Die neue „Lebensleistungsrente“ ist noch einigermaßen unaugegoren – aber ein Punkt wird bereits deutlich: Münchner Rentner werden sowieso nichts davon haben. Denn das, was sie jetzt schon kriegen, soll der Maßstab für die Obergrenze der neuen Aufstocker-Rente sein. Wenn überhaupt: Es gibt auch Überlegungen, die Latte tiefer zu hängen.

Das neue Modell orientiert sich an der Grundsicherung – also das, was Bedürftige über 65 Jahren kriegen: Hartz-IV-Regelsatz von 374 Euro plus Kosten der Unterkunft. Macht im Bundesschnitt 688 Euro pro Monat. Die tatsächliche Zahl ist in jeder Region anders – wegen der unterschiedlichen Mietkosten. Die schwarz-gelben Generalsekretäre hatten erklärt, die neue Lebensleistungsrente solle auf 700 Euro aufgestockt werden – also zwölf Euro über der Grundsicherung liegen.

Nur: In teuren Städten ist die tatsächlich gezahlte Grundsicherung längst höher als jene 700 Euro, in Wiesbaden zum Beispiel beträgt sie 811 Euro, so das Arbeitsministerium. Ursula von der Leyen widersprach also prompt: „Alle Lebensleistungsrentner müssen oberhalb der Grundsicherung liegen, egal wo in Deutschland sie leben.“ Der Deckel müsse bei „830, 840, 850 Euro“ liegen. Eine Sprecherin der Ministerin ergänzte im Gespräch mit der AZ, die Grenze solle sich an der teuersten Stadt Deutschlands orientieren – München oder Düsseldorf, da rechne man noch.

Wie hoch die konkrete Summe für München ist, lässt sich schwer beziffern. Das Sozialreferat erklärte auf AZ-Anfrage, dass man diesen Zwischenschritt (Hartz-IV-Satz plus Mietkosten) nicht extra ausrechne, sondern nur das tatsächlich ausgezahlte Endergebnis aus Sicht der Stadt (Hartz-IV-Satz plus Mietkosten minus durchschnittliches Eigeneinkommen des armen Rentners): 532 Euro.

Der Sozialverband VdK schätzt die für München relevante Summe auf mindestens 823 Euro: Regelsatz 374 Euro plus 449 Euro durchschnittlich bezahlte Mietkosten für eine Person. Dazu kommen noch die Heizkosten. Wenn man annimmt, dass die bei mindestens zehn Euro im Monat liegen, kommt der Münchner heute schon auf eine durchschnittliche Grundsicherung von 833 Euro: Und das liegt bereits in dem Korridor 830 bis 850 Euro, den von der Leyen als Obergrenze für die neue Aufstocker-Rente anpeilt. Auf die Frage, ob ein Münchner Senior dann gar nichts von dem neuen Modell habe, sagte ihre Sprecherin, er profitiere davon, dass er seine Privatvorsorge künftig behalten darf. Nur: Das gilt für alle gleichermaßen. Sprich: Von der Aufstockung der gesetzlichen Rente hat ein Münchner so gut wie nichts. Es sei denn, man erhöht die Obergrenze auf deutlich über 850 Euro – aber dann wird es insgesamt so teuer, dass das Finanzministerium nicht mitmachen wird.

Ohnehin halten viele bei Schwarz-Gelb schon von der Leyens Vorstellungen für deutlich zu hoch. „Die Lebensleistungsrente wird sich nicht an Wiesbadener Preisen orientieren können“, sagt ein Koalitionär – von München ganz zu schweigen. CSU-Landeschefin Gerda Hasselfeldt kritisierte gestern, dass die Ministerin konkrete Zahlen genannt hat.

Trost für die Münchner: Von der Lebensleistungsrente wird auch sonst kaum jemand was haben. Wer sie haben will, muss 40 Jahre eingezahlt haben – der aktuelle Durchschnitt bei Frauen (West) liegt bei 27,5.

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