Kommentar

Wahlergebnis in der Stadt: Münchens neue Normalität

Ein Wahlkampf gegen die Städter, eine CSU im Aufwind, Grüne, die sich auf Platz 1 festsetzen: AZ-Lokalchef Felix Müller kommentiert das Münchner Ergebnis der Landtagswahl.
von  Felix Müller

München - Dass es mit der SPD auch in diesem Wahlkampf in München nichts werden könnte, wusste ich seit einem sehr freundlichen, interessanten Mai-Vormittag in der Gaststätte Großmarkthalle in Sendling. Im Interview war Spitzenkandidat Florian von Brunn wie eigentlich immer aufgetreten: konzentriert, freundlich, ernsthaft, glaubwürdig. Super-Eigenschaften für einen Politiker, sollte man meinen.

Münchner SPD-Ergebnis: Historisch gesehen kaum zu fassen

Aber von Brunn, der Sendlinger, antwortete darauf, welche Schulnote er den Landespolitikfeldern Polizei, Hochschulen und Hochkultur aus Münchner Perspektive geben würde, drei Mal mit der glatten Note 1. Keinerlei Grund, Söder abzuwählen also. Nun dümpelt die SPD weiter bei kaum über zwölf Prozent – in München! Historisch gesehen ist das immer noch kaum zu fassen.

Grüne strukturell in der Stadt stark verankert 

Und überhaupt stabilisiert sich nach den letzten (Nicht-nur-Landtags-)Wahlen eine neue Normalität. Die CSU und die Grünen sind es, die um Platz 1 streiten. In den Stimmkreisen, stadtweit – und aller Voraussicht nach perspektivisch auch bei OB-Wahlen. Die Grünen haben bewiesen, dass sie strukturell in der Stadt so stark verankert sind, dass sie selbst in Zeiten großer Image-Probleme Stimmkreise wie Giesing, die nicht nur aus Lastenrad-Wohlbetuchten bestehen, verteidigen können.

Die vier Prozent Plus für die CSU im Vergleich zur letzten Landtagswahl sollte man nicht überbewerten, schließlich hatte sie 2018 erdrutschartige Verluste zu verkraften. Bemerkenswert sind sie aber. Da es der Münchner CSU – auf niedrigem Niveau – offenbar besser gelingt als der Gesamtpartei, Menschen von der Wahl des rechten Rands abzuhalten und so hilft, diesen relativ marginal zu halten.

Auch die neue Regierung wird mit ihrer Großstadt fremdeln

Trotzdem kann auch die neue Spezi-Koalition nur 35 Prozent der Stimmen in München gewinnen. Kein Wunder. Auch deshalb, weil sie sich im Wahlkampf eher (noch) weiter von der Lebenswelt der Städter entfernt hat, sie zwischen den Zeilen ständig hiesige Lebenswelten beschimpfte.

"Bayerns Herz schlägt im ländlichen Raum", hieß es, geraunt wurde von "missgünstigen Neidern, die noch nie eine Schaufel in die Hand genommen haben". Die Grünen, in München seit vielen Jahren stärkste Kraft, gehörten einfach gar nicht mehr zu Bayern.

Ja, auch die neue Regierung wird mit ihrer Großstadt fremdeln. Und ihre Großstädter mit ihr.

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