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Wählers Wunsch: "Meine Tochter soll noch wissen, was Jahreszeiten sind"

Barbara von der Wettern sieht als Pflegekraft Baustellen in ihrem Job - aber nicht nur da.
von  Lisa Marie Albrecht
Barbara von der Wettern
Barbara von der Wettern © privat

München - AZ-Interview mit Barbara von der Wettern. Die 40-Jährige ist Pflegefachkraft und arbeitet im Seniorenwohnen am Kieferngarten in München. Sie hat Frau und Tochter.

AZ: Frau von der Wettern, was wünschen Sie sich von der künftigen Bundesregierung?
BARBARA VON DER WETTERN: Das kommt natürlich darauf an, aus welcher Perspektive ich das sehe. In meiner Rolle als Altenpflegekraft wünsche ich mir, dass die neue Regierung das Gesundheitssystem auf die nächste Pandemie vorbereitet und weiterhin die Impfkampagne stärkt. Und auch, dass sie unsere Berufsbedingungen nachhaltig verbessern kann.

"Bundesregierung soll aktiv gegen Pflegenotstand vorgehen"

Womit konkret?
Zum Beispiel im Bereich der Bezahlung, bei der Ausweitung unserer Kompetenzen, aber auch, indem sie aktiv gegen den Pflegenotstand vorgeht. Wichtig ist auch eine dauerhafte Aufwertung unseres Berufsbildes, zum Beispiel durch eine Bundespflegekammer.

Diese Themen kommen einem bekannt vor. Hat die jetzige Bundesregierung trotz hoher Aufmerksamkeit für die Pflege zu wenig getan?
Es wurden immer wieder Versuche unternommen, Ausbildungsoffensiven gestartet, auch mit anderen Ländern. Wir beim Roten Kreuz haben zum Beispiel schöne Kooperationen mit Mexiko oder Vietnam. Es wird versucht, Alternativen zu finden und auch in Sachen Gehalt hat sich einiges getan. Aber die Lage spitzt sich natürlich jetzt zu, da viele Pflegekräfte abwandern oder durch die enorme Belastung sagen, sie brauchen eine Pause. Man versucht, das zu kompensieren, aber es reicht nicht aus.

"Ich wünsche mir eine deutliche Verbesserung in Sachen Klimaschutz"

Gibt es auch etwas, wofür Sie der jetzigen Regierung dankbar sind?
Ich war in der Corona-Pandemie sehr dankbar dafür, dass es uns als Pflegekräften ermöglicht wurde, als Erste geimpft zu werden. Und auch die Einführung der Sicherheitsmechanismen und Hygienekonzepte hat sich letztendlich bewährt. Dennoch spielt Corona in unserem Berufsfeld natürlich immer noch eine große Rolle, deswegen wünsche ich mir, dass die künftige Regierung vorausschauende Entscheidungen trifft - nicht nur in diesem Bereich.

In welchen Bereichen noch?
Neben meiner Rolle als Pflegekraft bin ich ja auch noch die Barbara, die die Natur liebt und die Mutter ist. Deshalb wünsche ich mir auch eine deutliche Verbesserung in Sachen Klimaschutz. Ich will, dass meine Tochter weiß, was Jahreszeiten sind oder dass es noch Eisbären in der freien Natur gibt. Und dass sie von den drohenden Klimakatastrophen verschont bleibt. Die Natur muss im Fokus stehen, ebenso wie das Tierwohl. Kükenschreddern zum Beispiel sollte verboten werden. Hinzu kommt, dass ich durch meine Homosexualität natürlich auch einer Randgruppe angehöre. Deswegen wünsche ich mir, dass die Regierung weiter Minderheiten stärkt.

Inwiefern?
Wenn ich mir zum Beispiel Ungarn anschaue, bin ich natürlich froh, dass ich in diesem Land lebe. Aber auch hier muss es weit über Akzeptanz hinaus in Richtung echte Gleichberechtigung gehen. Es muss auch hier egal sein, wen man liebt. Und beruflich arbeite ich auch viel mit Menschen mit Migrationshintergrund zusammen, deswegen ist es mir wichtig, dass die neue Regierung den Kurs hält, dass Rechts keine Chance hat, dass eine gute Integrationspolitik betrieben wird. Dass das alles Themen sind, die nicht einfach zu lösen sind, ist mir klar - aber die Haltung muss die richtige sein.

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