Vor Gericht: Mann fast zu Tode geprügelt

MÜNCHEN Staunend möchte mal ausrufen: Oh Gott, Herr Pfarrer. Denn dieser Joseph P. (34), wegen versuchten Mordes vor dem Münchner Landgericht angeklagt, ist – ausgerechnet Seelsorger bei der US-Armee. Er weiß selbst, dass das nicht zusammen passt – und legt ein Geständnis ab. „Es tut mir wahnsinnig leid. Ich bin ein Mann, der schlichtet und nicht streitet.
Ich weiß nicht, wie es so weit kommen konnte“, sagt P., der vor seiner Inhaftierung in Grafenwöhr stationiert gewesen ist. Wie es dazu gekommen ist? Mit seiner Freundin betritt der Captain am 22. Januar 2011 gegen ein Uhr nachts ein Irish Pub in Garmisch-Partenkirchen. Es ist kurz nach vier Uhr, als der Gast Michael K. (37) eine Bedienung belästigt haben soll.
Die Freundin von P. stellt den Mann zur Rede. Das bringt den erst richtig in Rage. Er schimpft: „Du Schlampe!“ Dann greift er ihr auch noch an die Brust. Zunächst verhält sich der Offizier wie ein Gentleman. Vor Gericht sagt P.: „Ich sagte ihm: ,So kannst du Frauen nicht behandeln.’ Der reagierte aber nicht, kam plötzlich mit erhobenen Händen auf mich zu.“
Der Streit verlagert sich vors Lokal. Angeblich will P. den Mann nur beruhigen: „Ich habe ihm gesagt, dass er keinen Respekt vor meiner Freundin hat. Ich habe Erinnerungslücken, weil ich damals Tabletten gegen Depressionen genommen und viel Alkohol getrunken habe.“ Denn: „Ich war zwei Jahre im Irakkrieg, habe dort die jungen Soldaten betreut.
Es war eine schlimme Zeit. Als ich heim kam, war ich ein anderer Mensch. Meine Frau hat sich scheiden lassen. Sie lebt heute mit unserem dreijährigen Sohn in Miami.“ Der Angeklagte weiter: „Der Gast ist schreiend auf mich los, hat mich mit der Faust geschlagen. Ich habe Angst gehabt und habe mich gewehrt. Es war Notwehr. Körper und Geist waren bei mir geteilt.“
Nach den Ermittlungen soll der Captain sein Opfer zu Boden gestoßen, getreten und mit dem Ellbogen viermal wuchtig gegen den Kopf geschlagen haben. Michael K. kommt mit Schädelbrüchen und einer Augapfel-Verschiebung in die Klinik. Durch intensivmedizinische Maßnahmen wird er gerettet. Der Armee-Pfarrer muss mit lebenslanger Freiheitsstrafe rechnen.