Vom Wirtshaus zur Ordensklinik

München - Oft gibt es das nicht mehr. Dass einen am Krankenbett jeden Tag ein Pater besucht, der „Guten Morgen“ sagt, und: „Wie geht es Ihnen heute, brauchen Sie irgendetwas?“ Dass man aufwacht nach einer Hüftoperation, einem Herzinfarkt oder einer Nierentumor-OP und der Priester ist schon da, streichelt einem die Hand und sagt: „Es wird alles gut“.
Aber genau das tut Pater Johannes Neuner (74) 365 Mal am Tag – denn genau so viele Betten gibt es im katholischen Ordenskrankenhaus „Barmherzige Brüder“ neben dem Nymphenburger Schloss, an (fast) ebensovielen Tagen im Jahr. Er tut das, was seine Ordensbrüder getan haben, seit es dieses Krankenhaus in München gibt: das sind heuer genau 100 Jahre.
Mit dem Ausflugslokal „Zum Controlor“ fängt alles an
Es fängt alles damit an, dass der Ordens-Provinzial Sympert Fleischmann 1917, mitten im Ersten Weltkrieg, ein Wirtshaus kauft: das Ausflugslokal „Zum Controlor“ im südlichen Schlossrondell am Nymphenburger Schloss. Die Mönche bauen es um zu einem kleinen Krankenhaus mit 30, später dann 58 Betten für Männer – hauptsächlich mit Haut- und Geschlechtskrankheiten.
Im Zweiten Weltkrieg wird das Krankenhaus zum Reservelazarett – bis es ein Luftangriff zerstört, sechs Menschen, darunter zwei Brüder, sterben. Nach Kriegsende bauen die Mönche auf und aus, fügen 1955 einen Bettentrakt in der Romanstraße an und 1962 ein weiteres Bettenhaus.
Die erste Palliativstation Bayerns eröffnet
21 Jahre lang mietet sich die Bundeswehr ein, mit 120 Betten und zwei OP-Sälen. Das Krankenhaus erweitert auf 14 Operationssäle, baut die Urologie, Gynäkologie, Chirurgie, die HNO und Kiefer- und Gesichtsplastik aus, errichtet ein Schwesternheim, eine neue Orthopädie und später eine Akut-Geriatrie für ältere Münchner.
1991 eröffnet das, was dieses Krankenhaus bis heute besonders macht: die erste Palliativstation Bayerns, benannt nach dem Ordensgründer „St. Johannes von Gott“, die heute die größte Deutschlands ist.
Fast 50 000 Patienten, vor allem ältere Menschen, lassen sich nun jedes Jahr behandeln. Versorgt von 1000 Mitarbeitern, darunter 170 Ärzten. Und immer dann, wenn die schreckliche Frage ansteht, ob ein Sterbender weiter an Maschinen hängen soll, oder lieber gehen darf, helfen zwei Experten einer „ethische Fallberatung“. Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, einer wird da sein. Das ist Pater Johannes.