Vom Public Viewing zum einsamen Weinen
Die Nacht des Champions-League-Finales: Hunderttausende Fußballfans wollen gemeinsam einen historischen Sieg des FC Bayern bejubeln. Am Ende herrscht kollektive Trauer.
München - München steht unter Schock. Nach der hochdramatischen Champions-League-Pleite gegen den FC Chelsea im Elfmeterschießen platzt für den FC Bayern und für über 100.000 Anhänger am Samstagabend der Traum vom Pokal. Bayern hätte als erste Mannschaft in der Geschichte der Champions League den europäischen Fußballthron im eigenen Stadion erklimmen können.
Doch alles kommt anders: Die Bayern-Fans verlassen schnell die Public-Viewing-Stätten und trotten fassungslos nach Hause, während die rund 30.000 mitgereisten englischen Fans in München auf den Sieg anstoßen. Es gebe große Abwanderungen der Bayern-Anhänger von den Public-Viewing-Plätzen im Olympiastadion, der Theresienwiese und den zahlreichen Kneipen und Biergärten in der Innenstadt, bestätigt Polizeisprecher Sven Müller.
Bisher gingen die Fußballfans ruhig nach Hause. Abwarten müsse die Polizei dagegen, wie sich die Chelsea-Fans verhielten. „Schauen wir mal, was die Engländer tun werden.“ Die Polizei schätzt, dass sich viele von ihnen auf der Leopoldstraße zum Feiern treffen werden. Das sei eben Tradition. Einige Chelsea-Anhänger werden aber auch direkt von der Allianz-Arena zum Flughafen eskortiert. Für die schnelle Heimreise der Fans ist das Nachtflugverbot am Flughafen aufgehoben.
Lange Zeit herrscht Euphorie im Olympiastadion
Bis zur letzten Minute hoffen die Bayern-Fans auf einen Sieg ihres Teams. Unter Chören wie „Steht auf, wenn ihr Bayern seid“ hält es während des überragenden Spiels der Bayern keinen der Zuschauer im Olympiastadion auf den Plätzen. Erst als Manuel Neuer nach der Nachspielzeit zum Elfmeterpunkt schreitet, können einige nicht mehr auf die Leinwand schauen. Doch der Bayern-Keeper hält nicht nur einen Elfmeter, er verwandelt auch einen. Danach bricht Euphorie im Stadion aus, der Sieg scheint greifbar nah.
Zum tragischen Helden des Abends wird Bastian Schweinsteiger. Unter den konsternierten Blicken der Public-Viewing-Gäste verschießt er den entscheidenden Elfmeter. Dann herrscht Schweigen im Stadion. Denn klar ist: Chelseas Stürmerstar Didier Drogba verwandelt den letzten Elfmeter und beschwert den Bayern damit eine weitere titellose Saison.
Dabei war die Siegesfeier schon geplant. Die Spieler von Trainer Jupp Heynckes wollten am Sonntag mit einem Autokorso durch die Stadt fahren und sich anschließend auf dem Balkon des Rathauses am Marienplatz den Fans präsentieren.
Nun aber sind die Fans geschockt. Zu einem Kommentar sind die wenigsten bereit. Einzig „Jetzt geht's zum 'Frustsaufen'“ ist einem zu entlocken. Ein anderer Zuschauer, der extra aus Köln zum Public Viewing angereist war, sagt: „Ich fühle mich leer. Ich habe sogar mein Handy ausgeschaltet. Hören möchte ich heute Abend von keinem etwas.“ Danach trottet er still davon.