Vom Bauernhof zum Container - eine Tour durch Sendling

Sendling - Lutz' Tour beginnt beim Wirtshaus Tannengarten (1) in der Pfeuferstraße. Dazu gehört ein alter Biergarten – er sei einer der letzten Biergärten im Zentrum der Stadt. "Mitten im Wohngebiet", sagt Markus Lutz, "das findet man eher selten". Wer will, kann den Stadtspaziergang also sogleich mit einem kalten Bier beginnen.
Lutz, Sendlinger Bezirksausschuss-Vorsitzender und SPDler läuft am Gatter des Biergartens entlang und biegt links in den Neuhauser Weg. "Wie eine kleine Landstraße", sagt er. Das blau gestrichene Künstlerhaus war früher eine Eisenschmiede. Die Gebäude und Wiesen drum herum gehören zum Stemmerhof. Bis in die 90er Jahre war der Bauernhof noch in Betrieb – mitten im Stadtgebiet.

Die Stemmerwiese: Obstbaumwiese mitten in Sendling
Der Neuhauser Weg führt zurück in die Pfeuferstraße. Wer rechts in sie einbiegt, findet rechterhand nach wenigen Metern den Stemmerhof (2). Feinkost-Restaurants, ein Hofladen, ein Bioladen sind dort nun drin. Die Menschen sitzen draußen, an Fässern und Holztischen, essen Nudeln, trinken Wein.
Lutz führt über den Hof und biegt nach links in einen kleinen Weg ab. Der führt zur Stemmerwiese. Der Bauer habe sie damals der Gemeinde für ganz wenig Geld verkauft, berichtet Lutz. Nun stehen Obstbäume drauf. Menschen machen Yoga und Picknick. Grillen zirpen im hohen Gras. Ein Imker hat hinter der Stemmerwiese seine Bienenstände aufgebaut.

Die Glocken der Sankt Margaret-Kirche läuten. Ein Abstecher lohnt sich – im Oktober soll ihre gigantische neue Orgel eingeweiht werden.
Kirchen-Fresko erinnert an "Sendlinger Mordweihnacht"
Lutz läuft zurück über die Plinganserstraße zur alten Sendlinger Kirche (3). 1711 wurde sie wieder aufgebaut, nachdem sie bei der "Sendlinger Mordweihnacht" zerstört worden war. Ein Fresko erinnert an die Schlacht, bei der die Soldaten der Reichsarmee Sendlings Bauern erbarmungslos besiegten. Auf der Wandmalerei ist der "Schmied von Kochel" zu sehen, einer Legende nach ein Held der Schlacht. Auch gegenüber der Kirche ist ihm ein Denkmal gewidmet.

Lutz führt an der Kirche vorbei, einen kleinen Fußweg herab, "ins bürgerliche Sendling", wie er sagt. Um 1900 wurden die stattlichen Häuser unterhalb der eiszeitlichen Isarhangkante gebaut. Lutz läuft die Kidlerstraße entlang, vorbei an der evangelischen Himmelfahrtskirche und Restaurantbesuchern. Die SPD habe sich in den 80ern dafür eingesetzt, Bäume hier im Arbeiterviertel zu pflanzen, sagt Lutz, und biegt rechterhand in die Lindenschmitstraße.
Der Harras, sein "Baby". Als er klein gewesen sei, sagt Lutz, habe es darauf nichts als Verkehr gegeben. Die Bürger jedoch hätten sich eine italienische "Piazza" gewünscht. 2013 bekam der Harras (4) Bänke und Bäume und Brunnen. Die Jugendstilfassade eines 1902 gebauten Hauses zeigt Einhörner – das Wappen der Familie Sentilinga, die wohl bereits um das Jahr 780 im Dorf gelebt hatte. Auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes: ein Post-Gebäude im Bauhaus-Stil.
So wie einst - Straßen aus Kopfsteinpflaster
Lutz nimmt die U-Bahn-Unterführung in Richtung Kidlerplatz und läuft die Valleystraße herab. Blumen ranken an den Altbauten der Valleystraße. Fahrräder, VW-Busse und Vespa-Roller stehen an den Bürgersteigen. Anwohner trinken Spritz in den Bars. Die Straßen sind wie damals – aus Kopfsteinpflaster.

Am Ende der Straße die große Implerschule (5). Anfang der 20. Jahrhunderts habe man sie auf die Wiese gebaut, die Wohnungen kamen danach. "Früher hat man zuerst die Infrastruktur gebaut", sagt Lutz und biegt links in die Thalkirchner Straße.
In den Fruchthäusern wurde früher das Obst gehandelt. Gegenüber hatten die Händler ihren Lagerplatz in der Sortieranlage. Heute haben sich dort Restaurants und Imbissbuden angesiedelt, die Händler arbeiten in den frühen Morgenstunden in der Großmarkthalle (6). Deren Gebäude liegen rechterhand auf dem großen Gelände hinter den Essensbuden. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden sie gebaut. Nun sind sie baufällig, eine neue Großmarkthalle soll in den nächsten zehn Jahren auf dem Gelände entstehen. "Potenzial für 1.200 Wohnungen", sagt Lutz über die dann frei werdende Fläche.
Alte Utting - der hippe Szene-Treff in Sendling
Lutz folgt der Thalkirchner Straße, die einen Rechtsknick macht. Vorbei am baufälligen Turm des Heizkraftwerks, unter den Unterführungen durch. Dann taucht es auf: das Schiff auf der Bahnbrücke – die Alte Utting (7). Im Ammersee ausgemustert, wurde sie vor zwei Jahren zum hippen Szene-Treff umfunktioniert. Allerlei Essensstände und Schiffscontainer gibt es auf dem umliegenden Utting-Gelände. Hier lässt Lutz seinen Sendling-Spaziergang ausklingen.

Die Tour dauert, je nachdem, wie viel Zeit man sich lässt, ein bis zwei Stunden und beginnt und endet mit einem Bier.