Voltimer kommt nach München: So werden Oldtimer zu Elektro-Autos

Fast parallel zur IAA in München wird in der Freimanner Motorworld ein besonderes Projekt zu Gast sein. Die Firma Voltimer baut Oldtimer zu Elektroautos um.
von  Hüseyin Ince
Elektro-Power statt Sechszylinder: die Mercedes-Design-Ikone der 60er und 70er "Strich8". Die können Sie ab Sonntag in der Freimanner Motorworld anschauen – und sogar bei Kaufinteresse probefahren. Kostet 72.500 Euro. 150 Stunden Umrüstung stecken hier drin.
Elektro-Power statt Sechszylinder: die Mercedes-Design-Ikone der 60er und 70er "Strich8". Die können Sie ab Sonntag in der Freimanner Motorworld anschauen – und sogar bei Kaufinteresse probefahren. Kostet 72.500 Euro. 150 Stunden Umrüstung stecken hier drin. © Foto: Voltimer

München – Umweltbewusste Oldtimer-Fans stecken in einem Dilemma. Einerseits: Das Design vieler Fahrzeuge ist einmalig. Viele Modelle sind Ikonen, sei es ein gut erhaltener alter VW Käfer, ein jahrzehntealter Fiat Cinquecento oder der "Strich8" von Mercedes.

Aber: "Viele Leute haben Gewissensbisse, wenn sie heutzutage bei solch alten Fahrzeugen auch mit Verbrennermotoren unterwegs sind", sagt Johannes Boddien. Viel zu hohe Abgas- und CO2-Werte sind es, die manche Oldtimer-Fans, plagen.

Johannes Boddien zeigt in der Motorworld in München eine umgebaute Design-Legende

Genau für diese umweltbewussten Auto-Fans hat Johannes Boddien aus Blaustein bei Ulm seine Firma gegründet: Voltimer. Die Idee: den liebgewonnenen oder begehrten Oldtimer ohne ökologische Gewissensbisse fahren können. Boddien bietet seit 2017 Elektro-Umbauten an.

Johannes Boddien hat Voltimer bereits 2017 gegründet. Er steht an einem umgebauten VW Käfer.
Johannes Boddien hat Voltimer bereits 2017 gegründet. Er steht an einem umgebauten VW Käfer. © Volker Schrank

Eines dieser Fahrzeuge, die Boddien zu Demonstrationszwecken von freien Werkstätten umbauen ließ, ist ein Mercedes "Strich8" aus dem Jahr 1973. Und den stellt Boddien nun aus, ab kommendem Sonntag bei der Freimanner Motorworld, fast parallel zur Messe IAA Mobility.

Und man kann das Fahrzeug sogar kaufen: für 72.500 Euro. Interessenten können an zwei bis drei Terminen zwischen 3. und 6. September während der Motorworld Mobility Days probefahren. Das Auto hat zwar "nur" 44 kW Leistung, aber "220 Newtonmeter Drehmoment vom Start weg", betont Boddien. Dazu 200 Kilometer Reichweite bei gleichmäßiger Reise. "Der fährt göttlich", sagt Boddien.

E-Oldtimer in München: Die Idee für die Umbauten kam Johannes Boddien beim Fernsehen

Die Idee zu solchen Umbauten hatte Boddien beim Fernsehen. Es war 2017. Eine seiner Lieblingssendungen lief: Wheeler's Dealers. Das Konzept: alte, begehrte Fahrzeugmodelle in den Originalzustand restaurieren und weiterverkaufen.

In der Folge, die Boddien sah, war es ein wenig anders. "Ein vergessener Maserati Biturbo wurde gefunden – ohne Motor, in einer Garage, abgestellt vor vielen Jahren", erinnert sich Boddien noch genau. Der Fernseh-Mechaniker Edd China öffnete die Motorhaube und sah: ein großes Loch.

Schon in den 80ern hatte jemand einen Benziner in ein E-Auto umgebaut

Er fand in der Sendung heraus, dass hier mal ein Experiment gewagt wurde. "Irgendwer hatte den Benzinmotor in den 80ern oder 90ern herausgeschraubt und einen Elektromotor mit Blei-Akkus eingebaut", erzählt Boddien. Aber auch all das fehlte.

Der versierte Fernseh-Mechaniker China baute in der Folge einen modernen Elektromotor in den Wagen, zusammen mit Lithium-Ionen-Batterien. Es funktionierte. Und Boddien war begeistert. Schon vor so langer Zeit hatte jemand versucht, ein schönes altes Fahrzeug in ein E-Auto umzubauen. Tolles Projekt, tolle Idee – und so gründete Boddien Voltimer.

Von außen erkennt man den Elektro-Wandel nicht – außer durch das kleine Voltimer-Logo an der Tür.
Von außen erkennt man den Elektro-Wandel nicht – außer durch das kleine Voltimer-Logo an der Tür. © Voltimer

Die Elektromotoren der Oldtimer wurden eigentlich für Rolltreppen hergestellt

"Seit Corona erlebe ich einen Boom", erzählt Boddien. Bis zu zehn Fahrzeuge werde er im Auftrag seiner Kunden heuer umbauen lassen. Sechs bis acht Wochen dauert so eine individuelle Umrüstung in der Regel. Doch mit den neuen Umrüst-Kits für bestimmte Modelle, sei der Umbau sogar in fünf Tagen möglich. Geplant sind diese Kits für den VW Käfer, den VW T3, den Porsche 911 und für den Porsche 914.

Boddien ist E-Auto-Fanatiker. Viele der E-Mobile von heute findet er hässlich. Er sieht seine Firma als Chance zum Upcycling von mobilen Schönheiten. Boddien selbst fährt für lange Strecken einen Tesla Model 3 und im Alltag einen elektrisch umgerüsteten Peugeot 205. Bei solchen Alltags-Umbauten wie dem Peugeot verwendet Voltimer häufig Elektromotoren, die eigentlich für Rolltreppen hergestellt worden sind.

Statt Benzin wird beim Peugeot-205-Umbau natürlich Strom "nachgefüllt".
Statt Benzin wird beim Peugeot-205-Umbau natürlich Strom "nachgefüllt". © Voltimer

Voltimer-Gründer Johannes Boddien: "Viele Autos fahren täglich weniger als 50 Kilometer"

Reichweite und Leistung sind da überschaubar. Das ist für Boddien aber kein Problem. Er betont: "Es wird immer gesagt, die Elektroautos müssten alle große Reichweiten haben, aber die allermeisten fahren täglich weniger als 50 Kilometer." Bei Voltimer-Umrüstungen kann man wählen: 70, 180 oder 300 Kilometer Reichweite. Rekuperation ist auch dabei, also die Möglichkeit, Energie für den Akku zurückzugewinnen.

Bei den Motoren ist die Leistung ebenfalls wählbar: 15 bis 60 kW. Die Lithium-Ionen-Batterien, die Boddiens Firma verwendet, stammen sehr häufig aus verunfallten Tesla-Modellen. Doch hier gebe es einen Trend hin zu Lithium-Eisenphosphat-Batterien. "Die sind zu hundert Prozent recycelbar und können nicht von selbst in Brand geraten", sagt Boddien.


Veranstaltungsinfo: Motorworld Mobility Days, mit Shows, Diskussion, Filmvorführung und Probefahrten, Sonntag bis Mittwoch, 3. bis 6. September 2023, täglich 10 bis 18 Uhr, Am Ausbesserungswerk 8, Tageskarte 10 Euro, für alle vier Tage 25 Euro, ermäßigte Tageskarte: 5 Euro, Familienkarte: 15 Euro.

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