Viele Flächen und Häuser leer: Stillstand in Münchner Bestlage

München - Seit Beginn der Pandemie im Jahr 2020 sind die Mietpreise für Ladenflächen in Münchner Bestlage eingebrochen. Von der unglaublichen Marke von 410 Euro je Quadratmeter (Fläche bis 80 Quadratmeter) ging es steil bergab. Bei etwa 280 Euro je Quadratmeter endete der Sturzflug im Herbst 2021.
Kaufingerstraße: Pacht um über 31 Prozent gefallen
So bleibt es vorerst bei diesem – immer noch stolzen – Betrag. "Die Ladenmieten schwächeln", sagt IVD-Süd-Chef Stephan Kippes. 31,7 Prozent weniger Pacht zahlt man auf der Kaufingerstraße heute. Und das hat seine Gründe.

Sinken die Ladenmieten in der Fußgängerzone wegen Online-Handel?
Ein Grund könnte laut den neuesten Erhebungen des IVD der enorme Zuwachs beim Online-Handel sein. Auch wenn das Marktforschungsinstitut das so nicht formuliert: Es besteht ziemlich sicher ein Zusammenhang zwischen den sinkenden Ladenmieten einerseits und den steigenden Online-Umsätzen: 2019 wurde deutschlandweit für 59,2 Milliarden online eingekauft.
Online-Umsatz in Deutschland: Zuwachs in drei Jahren um 25 Mrd. Euro
Ende 2021 klickten sich die Deutschen schon Waren im Wert von 85 Milliarden Euro nach Hause. Ein Zuwachs von 25 Milliarden Euro also innerhalb von drei Jahren.

Viele Kunden shoppen lieber im Internet als am Marienplatz
Sprich: weniger Laufkundschaft, weniger Umsätze, weniger Nachfrage, auch nach Ladenfläche. Das sieht man auch am aktuellen Leerstand in der Innenstadt: Die Käufer gingen und gehen vermehrt online statt über den Marienplatz zu flanieren. Zunächst wegen der Ansteckungsgefahr durch Corona. Und an den Komfort, sich alles nach Hause zu bestellen, gewöhnt man sich natürlich irgendwann. Das zeigt auch die Passantenfrequenz.

Die Zahlen erholen sich zwar. Aber vom Vor-Corona-Niveau ist das alles noch entfernt. In der Kaufingerstraße zählte man im Vor-Corona-Jahr 2019 an einem Samstag noch 11.408 Fußgänger pro Stunde. Im Jahr 2020 brach dieser Wert - auch lockdownbedingt - ein, auf 7.630. In einer weiteren Zählung waren es nur 5.188. Im September 2021 waren es wieder 8.727. Im gleichen Verhältnis sank in etwa der Gesamtumsatz der Läden - mindestens.
Passantenzahl in der Fußgängerzone: 48 Prozent aus dem Ausland
Ein Grund für den Einbruch der Passantenzahlen sind die fehlenden Touristen in München. 15,7 Millionen Übernachtungen wurden laut IVD im coronafreien Jahr 2019 erhoben. 48 Prozent der Gäste kamen aus dem Ausland.

2020 kam nicht einmal die Hälfte: Sieben Millionen Übernachtungen wurden gezählt. 2021 korrigierte sich dieser Wert leicht auf 7,9 Millionen Übernachtungen. Darunter leiden alle Branchen der Innenstadt: Hotellerie, Gastwirtschaft und natürlich der Einzelhandel.
In der Bestlage scheinen vor allem die "Dinosaurier" unter den Läden an Beliebtheit zu verlieren. Die Inka Holding sucht etwa einen Nachmieter für eine 865 Quadratmeter große Fläche. Dort, wo einst halbnackte Models zur Eröffnung vor der Türe standen, bei Abercrombie&Fitch an der Sendlinger Straße, herrscht Stille. Alle Türen verschlossen, Licht aus.
Münchner Büromieten: Immer teurer, kaum Einfluss der Pandemie
Im Gegensatz zu den Münchner Ladenmieten steigen die Büromieten im Vergleich zum Herbst 2021 weiter an, wenn auch in geringem Maße. Interessanterweise konnte nicht einmal die Pandemie diesen Trend stoppen. In Münchner Bestlage der Kategorie City A kostet die Bürofläche derzeit 36,50 Euro je Quadratmeter. Und so sieht der Trend aus: 2019 lag der Wert bei 33,50 Euro. 2021 bei 35 Euro. Um neun Prozent steigen die Mieten im Drei-Jahres-Vergleich. Auch in allen anderen Lagen ist in München laut IVD kein Rückgang zu erkennen. In Bestlage der Kategorie City B ist sogar im Drei-Jahres-Vergleich am meisten Zuwachs zu erkennen. Die Mieten stiegen hier um 14,9 Prozent, von 23,50 Euro auf 27 Euro je Quadratmeter.
Das liegt deutlich über dem bayrischen Durchschnitt: Der beträgt derzeit 11 Euro je Quadratmeter. Wer nun auf die Idee kommen sollte, ein neues Bürogebäude zu bauen und lukrativ weiterzuvermieten, der braucht erst Glück, überhaupt so ein Grundstück zur gewerblichen Nutzung zu finden. Und dann sollte man sich beeilen. Denn der Wert von Baugrundstücken in München steigt rasant. 2019 kostete der Quadratmeter 2.000 Euro. Im Frühjahr 2022: 2.500 Euro. Zudem zeichnet sich laut IVD ein neuer Trend ab: Arbeitgeber gestalten Büroräume vermehrt kleinteiliger, um bei einer weiteren Corona-Welle besser Distanz halten zu können.