Vieh versus Velodrom
Die Oide Wiesn ist der Liebling der Münchner und der Stadträte: Jeder will sie. 2012 fällt sie aber wegen des Zentralen Landwirtschaftsfest aus. Der Bauernverband feilt an einem Kompromiss.
München - Kornmaschine oder Karussell, Vieh oder Velodrom, Bauern oder Böfflamott: Diese Wahl beschäftigt derzeit das Münchner Rathaus. Soll das Zentrale Landwirtschaftsfest (ZLF) alle vier Jahre auf der Wiesn stattfinden? Oder sollte es besser der „Oiden Wiesn” weichen?
Die Stadtspitze hat sich bislang deutlich dazu geäußert: Das ZLF des Bayerischen Bauernverbands soll nach wie vor alle vier Jahre stattfinden, so auch 2012. Dann fällt die „Oide Wiesn” aus.
Das sorgt seit Wochen für Unmut: Gerade die CSU wünscht sich, dass das Fest mit historischen Karussells und Schmankerln jedes Jahr stattfindet. „Ich würde mir wünschen, dass die Oide Wiesn, die so gut bei den Bürgern ankam, jedes Jahr veranstaltet wird. Auch im Jahr des Landwirtschaftsfestes”, sagt Josef Schmid, Vorsitzender der CSU-Fraktion im Rathaus und OB-Kandidat. Er strebt eine Kooperation zwischen Oider Wiesn und ZLF an.
Auch der Bauernverband ist dem nicht abgeneigt. Eine Sprecherin sagte gestern auf Anfrage der AZ: „Wir gehen davon aus, dass das ZLF weiterhin stattfindet.” Derzeit wird das 125. Jubiläum im Jahr 2012 geplant. „Das ZLF und die Oide Wiesn ergänzen sich. Wir können uns vorstellen, dass man die Oide Wiesn integriert.” Kooperationen gibt es ohnehin schon: Das Tierzelt 2010 wurde vom Bauernverband geführt. Der Bauernverband war damit quasi in die Oide Wiesn eingebettet.
Für eine Kooperation sprechen auch die Besucherzahlen: Das ZLF zog 2008 knapp 370000 Menschen an. Auf der historischen Wiesn waren es vergangenes Jahr 500000. Gerechnet hatten die Veranstalter mit gerade mal 300000.
Chancen für eine Kooperation bietet auch die vertragliche Situation zwischen Stadt und Bauernverband. Sie ist deutlich dünner als bislang angenommen. OB Christian Ude versicherte zwar gestern in einem Brief an Gerd Sonnleitner, Chef des Bauernverbands, dass die Stadt „auch in Zukunft die Abhaltung des ZLFs auf der Theresienwiese ermöglichen” werde. Doch er führt auch an, dass es laut Grundbuch „keine dinglichen Rechte” für die Veranstaltung im Rahmen der Wiesn gibt. In einem Kaufvertrag von 1904 wird dem Bauernverband aber das Recht eingeräumt, auf Messe oder Theresienwiese auszustellen. Allerdings war die Theresienwiese nur als vorübergehender Veranstaltungsort bis zur Fertigstellung der Messe gedacht. Vieles ist damit Auslegungssache und bekräftigt sich vor allem durch die 200-jährige Tradition von ZLF und Wiesn.
Allzuviel Rückhalt hat das Landwirtschaftsfest nicht. Einige Schausteller und Wirte schielen auf den Südteil, der alle vier Jahre wegfällt und damit das Oktoberfest um eine Querstraße kürzer macht.