Videos aus dem Hotelzimmer: Klatten erneut erpresst
MÜNCHEN - Erst im März wurde der Klatten-Erpresser Helg Sgarbi zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. An das große Geld wollte offenbar auch ein Trittbrettfahrer, der die Erbin mit einem angeblichen Sex-Video erpresste.
Er sitzt da, wo auch Helg Sgarbi auf seinen (kurzen) Prozess wartete - in Stadelheim. Ein Trittbrettfahrer des verurteilten Susanne-Klatten-Erpressers hat versucht, 75 000 Euro von der Quandt-Erbin zu erpressen. Als Druckmittel gab er vor, er sei im Besitz eines Sex-Videos mit der Milliardärin. Das bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft München I, Anton Winkler, gegenüber der AZ. „Dabei ist zweifelhaft, ob es überhaupt ein solches Sex-Video gibt.“ Auch die Video-Prints, die der Schweizer Gigolo Sgarbi zur Bekräftigung seiner Forderungen an Klatten schickte, würden nur unverfängliche Situationen zeigen.
Am 9. März wurde Helg Sgarbi wegen gewerbsmäßigen Betrugs in vier Fällen und versuchter gewerbsmäßiger Erpressung in zwei Fällen zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Im Prozess-Monat wurde auch der Trittbrettfahrer verhaftet. Nähere Angaben zur Identität des Mannes oder einen möglichen Anklage-Termin konnte die Staatsanwaltschaft noch nicht nennen.
Wo sind die vermeintlichen Sex-Videos von Susanne Klatten?
Die geschädigten Frauen sind aber in keinem Fall auf seine Erpressungsversuche eingegangen, machte Winkler dagegen noch einmal klar. Die Millionen flossen nur, um den Gigolo wegen der vorgetäuschten Unfall-Geschichten und dem angeblichen Mafia-Druck auf ihn finanziell aus einer Notlage zu befreien.
Das Video mit den angeblichen Sex-Szenen nahm Sgarbi im Münchner Holiday Inn auf. Am Fußende des Bettes hatte der Schweizer eine Tasche mit der Kamera abgestellt. Das Video ist nirgendwo mehr aufgetaucht. Es war bei Ernano Barretta vermutet worden. Der Sektenchef soll Sgarbi gelenkt haben, steht dafür jetzt im italienischen Pescara vor Gericht. Im Sgarbi-Prozess erklärte ein Ermittler zum Thema Sex-Video: „Es gibt ein abgehörtes Telefongespräch. Da hat Barretta gesagt, er habe alles verbrannt.“ Allerdings: „Ob es es wirklich so ist, wissen wir nicht."
Der Fall Klatten geht weiter - im Juni in Italien
Beim Diebstahl eines Wagens von Barretta wurde laut Zeitungsberichten auch ein Laptop gestohlen. Der Audi Q7 sei später in Bari sichergestellt worden. Der Laptop und sein vielleicht brisanter Inhalt nicht. War es diese Spekulation, die den in Stadelheim einsitzenden Trittbrettfahrer auf die Idee brachte, Klatten erneut zu erpressen?
Laut der Online-Zeitung PrimaDaNoi wurden im Zusammenhang mit dem Barretta-Prozess Güter im Wert von 12,5 Millionen Euro beschlagnahmt. Betroffen sind Immobilien und Luxusautos des Gurus und seines Umfeldes. Auch das Eigentum an Barrettas Rifugio Vallegrande wurde in die Verfügungsmasse miteinbezogen, aus der die Nebenkläger im Prozess im Falle eines Schuldspruchs entschädigt werden sollen. Die Verteidugung baut darauf, dass niemand beweisen könne, mit welchem Geld die Güter gekauft wurden.
Im Juni geht die italienische Voruntersuchung weiter. Der Barretta-Verteidiger Carlo Taormina möchte, dass im Prozess auch Sgarbi gehört wird, drohte Details aus dem Intimleben Klattens preiszugeben. Staatsanwalt Gennaro Varone will sich mit den Prozessakten aus München begnügen.
John Schneider