Video-Verkehrskontrollen: Ösis gehen auf Abstand
MÜNCHEN - Österreichischer Gerichtshof gibt deutschem Autofahrer Recht: Die bisherigen Abstandsmessungen sind verfassungswidrig. Doch das ist kein Freifahrschein für Autofahrer
Die bisher in Österreich vorgenommenen Abstandsmessungen im Straßenverkehr sind verfassungswidrig. Diese Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs hat ein Autofahrer aus Bonn ins Rollen gebracht.
Der Mann wurde auf einer Tiroler Autobahn von einem so genannten videogestützten Verkehrskontroll-System, das Geschwindigkeits- und Abstandsmessungen vornimmt, gefilmt. Weil darauf zu erkennen war, dass er zu schnell unterwegs war und den Mindestabstand nicht eingehalten hatte, erhielt er einen Bußgeldbescheid über 140 Euro. Dagegen klagte er – und war in letzter Instanz erfolgreich.
Denn, so die Begründung der Richter, für den Betrieb dieser Geräte fehle derzeit die gesetzliche Grundlage. Damit würden sie gegen die Persönlichkeitsrechte des Klägers verstoßen. Verkehrsstrafen unter Anwendung solcher Systeme dürften daher nicht verhängt werden.
Fahrer, die die Entscheidung jetzt als Freifahrschein werten, sollten sich nicht zu früh freuen. „Man sollte daraus nicht den Schluss ziehen, dass man mit geringerem Abstand fahren sollte“, sagte ADAC-Sprecher Dieter Wirsich.
Radargeräte, die von hinten blitzen, sind weiter erlaubt
Denn nach der Entscheidung darf die Polizei zwar ihre mobilen Videomessanlagen nicht einsetzen. „Radargeräte, die von hinten blitzen, sind aber rechtlich unbedenklich“, sagt ÖAMTC-Jurist Martin Hoffer. Er geht davon aus, dass offene Verfahren eingestellt werden müssen. Unklar ist, ob Rückzahlungen an Autofahrer zu leisten sind, die Geldbußen bereits bezahlt haben.
Mit dem Urteil unterstreichen die österreichischen Verfassungsrichter ihre konsequente Linie zur Wahrung des Datenschutzes. In ihrem Urteil schlossen sie sich der Auffassung an, dass durch das System der kombinierten Videoüberwachung und Geschwindigkeitsmessung das „verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Datenschutz verletzt“ worden sei.
Der Kläger muss das Bußgeld ebenso wenig bezahlen, wie andere Verkehrsteilnehmer, die in den nächsten Wochen wegen des gleichen Vergehens bestraft werden. Recht viel länger aber wird die Wirkung der Entscheidung nicht anhalten. Denn der Nationalrat in Wien wird die gesetzliche Grundlage voraussichtlich bereits in den nächsten Wochen schaffen. „Dann hat sich das Thema erledigt“, sagt Wirsich.
Verena Duregger
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