Verwahrloster Karstadt in der Innenstadt von München: Hier hausen Obdachlose und Drogenabhängige

In dem Gebäude an der Schützenstraße hausen Drogenabhängige und Obdachlose. Die unmittelbare Umgebung verwahrlost.
von  Nina Job
Obdachlose schlafen am alten Karstadt in der Schützenstraße.
Obdachlose schlafen am alten Karstadt in der Schützenstraße. © ho

München - Den Niedergang großer stolzer Warenhausketten, man sieht ihn exemplarisch auch im Inneren der riesigen ehemaligen Karstadt-Filiale in der Schützenstraße. Wo Anfang des Jahres noch 250 Mitarbeiter beschäftigt waren und Kunden aus einem großen Sortiment Waren aussuchen konnten, haben sich Drogenabhängige und Obdachlose breitgemacht.

Obdachlose sind unbefugt in das leer stehende Gebäude eingedrungen

Der AZ wurden exklusive Fotos zugespielt, wie es in dem Haus nun ausschaut: vermüllt, verkommen, verwahrlost. Noch stehen Glasvitrinen, Verkaufsregale und Büromöbel herum, dazwischen – auf Böden, Tischen und in Büroräumen – liegen benutzte Drogenutensilien wie Spritzen, Zigarettenstummel, Essensreste, leere Getränkeflaschen.

Das ist nach einem heimlichen Besuch von ungebetenen Gästen zurückgeblieben: Essenreste, Kippen, Getränkeflaschen.
Das ist nach einem heimlichen Besuch von ungebetenen Gästen zurückgeblieben: Essenreste, Kippen, Getränkeflaschen. © ho

Ende September hat die Polizei erstmals festgestellt, dass Menschen unbefugt in das leerstehende Gebäude eingedrungen waren. 13 Eingänge hat das Haus und einen Zugang über das Parkhaus. Wie genau sie in das verlassene Kaufhaus kamen, ist unklar.

Streifenpolizisten hätten das Gebäude nun täglich und "ständig im Blick", teilte eine Polizeisprecherin der AZ mit. "Die Polizei steht in engem Kontakt mit dem Eigentümer, welcher Sicherungsmaßnahmen des Gebäudes veranlasst hat", heißt es weiter.

Vor vier Jahren hat Benko die Kaufhaus-Kette übernommen – jetzt folgte die Schließung

Vor einigen Wochen hing an der Fassade zudem gut sichtbar eine Attrappe von René Benko – mit einem Strick um den Hals und einem Schild, auf dem "Judas", stand. Die makabre Attrappe wurde schnell wieder entfernt.

Benko hatte die Kaufhaus-Kette Galeria Karstadt Kaufhof 2019 übernommen und miteinander verschmolzen. Zwei Insolvenzen folgten, Dutzende Filialen mussten schließen, viele Mitarbeiter verloren ihre Arbeit, fühlten sich verraten, belogen und betrogen von dem Milliardär aus Österreich.

Ein trauriges Bild bietet auch die unmittelbare Umgebung des ehemaligen Kaufhauses an der Schützenstraße. Mehrere kleinere Geschäfte entlang der Straße haben mittlerweile ebenfalls geschlossen. Bettler sitzen vor toten Schaufenstern, wo mal eine kleine Flaniermeile war, ist nicht mehr viel los, oft parken hier auch unerlaubt Autos – alles andere als ein Aushängeschild für Münchner und Besucher, die den kürzesten Weg vom Hauptbahnhof zum Stachus nehmen – oder in die andere Richtung gehen.

Wie es mit den Benko-Projekten weitergeht, ist unklar

Die Pläne, die René Benkos Immobiliensparte Signa Real Estate hier hatte, waren groß: Das Kaufhaus sollte umziehen, der alte Karstadt aus den 70ern sollte abgerissen werden. Ein Büro-Neubau mit viel Glas, Grün und Arkaden sollte entstehen – der Sieger-Entwurf stammt vom Büro des Star-Architekten David Chipperfield.

Geplant: Eigentlich soll ein großer Büro-Neubau an der Stelle gebaut werden. Vorne rechts: der neue Königshof.
Geplant: Eigentlich soll ein großer Büro-Neubau an der Stelle gebaut werden. Vorne rechts: der neue Königshof. © Chipperfield Architects

Doch bislang gibt es weder einen Antrag auf eine Abrissgenehmigung, noch einen für eine Baugenehmigung, wie das Planungsreferat auf AZ-Anfrage bestätigte. Ob es noch dazu kommt? Mehrere Benko-Projekte in Deutschland stehen derzeit auf der Kippe. In Hamburg traf es zuletzt eine der größten Baustellen Deutschlands überhaupt: Beim Bau des Elbtowers, der 245 Meter hoch und ein neues Wahrzeichen der Stadt werden soll, soll Signa eine Zwischenrechnung nicht gezahlt haben. Die Arbeiten stehen derzeit still. Mehr als eine Milliarde Euro soll der Bau des Towers insgesamt kosten.

Nicht unwahrscheinlich also, dass auch in München noch einiges anders laufen wird, als geplant. Und dass es hinter dem neuen Königshof am Stachus noch länger so traurig und verkommen ausschauen wird wie schon seit Monaten.

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