"Vertrauen missbraucht": Pflegedienst-Leiterin aus München klaut Geld einer toten Patientin

München - Weil sie eine demente Frau bestohlen haben soll, ist die Leiterin eines Münchner Pflegedienstes zu einer Geldstrafe in Höhe von 6000 Euro verurteilt worden. Die Tochter der mittlerweile verstorbenen Pflegebedürftigen hatte das Fehlen des Geldes bemerkt und angezeigt.
Nur wenige Tage wurde Karin Hovermeyer im vergangenen November von dem ambulanten Pflegedienst betreut. Belkiz Ö., die Leiterin des Pflegedienstes, versorgte die demente 66-Jährige eigenen Angaben zufolge an einem Tag Mitte November selbst. Wie sie vor Gericht angab, wusch sie die Pflegebedürftige und wollte frische Kleidung suchen. Als sie den Schrank durchsuchte, so Ö., seien ihr Geldscheine in den Schoß gefallen.
Wohnungstür beschädigt: Pflegedienst-Leiterin aus München nimmt Geld von dementer Patientin
Sie habe nicht gewusst, was sie damit machen solle, sagt die Pflegedienstleiterin. Zunächst habe sie das Geld in einem Kosmetikmülleimer im Schlafzimmer verwahrt und es später an sich genommen – eigener Aussage nach mit dem Ziel, es der Tochter Gianna Hovermeyer persönlich auszuhändigen.
Einen Tag später verstarb Karin Hovermeyer. Als ihre Tochter anreiste, entdeckte sie eigenen Angaben zufolge etwas Ungewöhnliches: Die Siegel, mit denen die Wohnungstür nach dem Tod ihrer Mutter verschlossen worden war, seien beschädigt gewesen.
Patientin bewahrte vierstelligen Betrag Bargeld in ihrer Wohnung auf
Da Gianna Hovermeyer wusste, dass ihre Mutter eine hohe Summe Bargeld in der Wohnung aufbewahrte – bei ihrem letzten Besuch hatte sie eigener Schätzung nach etwa 4000 Euro gefunden – überprüfte sie das Versteck im Kleiderschrank. In dem Kosmetikmülleimer fand sie schließlich die leere Schachtel, in der sonst das Geld war, wie sie sagt. Hovermeyer alarmierte die Polizei, die zur Spurensicherung in die Wohnung kam.
Der Hausmeister habe ihr berichtet, dass am Todestag ihrer Mutter mehrere mit dem Pflegedienst in Verbindung stehende Menschen in der Wohnung gewesen seien. Also konfrontierte Hovermeyer Ö.
Pflegedienst-Leiterin will versucht haben, die Tochter der Patientin anzurufen
Erst als sie Ö. darauf angesprochen habe, dass in der Wohnung etwas fehle, so schildert Hovermeyer es, habe die Pflegedienstleiterin ihr einen Umschlag mit 1750 Euro ausgehändigt – mit der Erklärung, sie habe das Geld nur aufbewahrt.
Richter Daniel Hinz ist bei der Verhandlung sein Erstaunen über Ö.'s Vorgehen deutlich anzumerken: "Ist das die übliche Weise, wenn man Geld findet, dass man es in einen Mülleimer packt und dann mitnimmt?" Ö. verneint das, normalerweise würden die Angehörigen angerufen. Sie habe Gianna Hovermeyer aber nicht erreicht. Diese bestreitet das: Sie habe in den entsprechenden Tagen nie Anrufe vom Pflegedienst erhalten.
Hat die mutmaßliche Diebin aus München das Geld gezählt oder nicht?
Es ist nicht die einzige Widersprüchlichkeit, in die Ö. sich in ihrer Aussage verstrickt. Vor Gericht gibt sie etwa an, im Schrank 1800 Euro gefunden zu haben. Richter Hinz verweist dagegen darauf, dass sie der Polizei bei ihrer ersten Befragung gesagt habe, das Geld nicht gezählt zu haben.
Auch den Umstand, dass sie Hovermeyer 50 Euro weniger im Umschlag aushändigte, als sie mutmaßlich gezählt hatte, kann Ö. nicht aufklären. Mehrmals fragt Richter Hinz die Angeklagte, wieso sie nie jemanden über den Geldfund informiert habe. Die Polizei sei nach dem Tod der Pflegebedürftigen in der Wohnung gewesen und habe mit Ö. gesprochen. "Es wäre doch ein Leichtes gewesen, zu fragen, was man mit dem Geld machen soll."
"Mein Vertrauen wurde missbraucht": Tochter des Opfers mit Urteil nicht zufrieden
Ö. verweist lediglich auf ihre Angst, beschuldigt zu werden. Sie sei zudem durch die Ereignisse durcheinander und verwirrt gewesen. Unklar bleibt auch, ob Ö. das Geld vor oder nach Karin Hovermeyers Tod aus dem Mülleimer entnahm. Nach rund eineinhalbstündiger Verhandlung zieht Ö. schließlich ihren Einspruch gegen den Strafbefehl zurück, es bleibt bei der Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 120 Euro.
Für Gianna Hovermeyer ist es nur ein halber Sieg, wie sie der AZ sagt: "Mein Vertrauen wurde missbraucht." Sie hätte sich eigenen Worten zufolge dementsprechend ein härteres Urteil samt Strafanzeige erhofft.