Verschmustes München: Liebesbotschaften in der Stadt
München - Wir alle kennen die Liebesschlösser, die überall in München an Brücken, Zäunen, Geländern angebracht sind. Klare Statements, wer da wen und oft auch seit wann liebt.
Offen bleibt, wie lange noch, oder ob das Schloss die Liebe nicht längst überdauert hat. Besonders aufgefallen ist mir ein Schloss mit "Herr" und "Frau". Offensichtlich liebte man sich, war aber noch per "Sie". An anderen Schlössern hängen mittlerweile kleine Schlösschen mit Namen. Da hat’s offensichtlich sogar geklappt mit dem Wunsch nach einer eigenen Familie.
Bei Schustern oder Schlüsseldiensten kann man diese Schlösser in allen Farben, Formen und auch mit Gravur kaufen. Da ist regelrecht ein neuer Markt entstanden. Wie aber war das früher, als man solche Schlösser noch zweckgemäß zum Schließen nutzte? Da schnitzte man Herzen, Initialen, Daten oder kleine Botschaften in die Rinde von Bäumen. In den Münchner Parks kann man viele davon finden – manche so alt, dass man sie kaum noch entziffern kann. Heute bitte nicht mehr nachmachen, die Bäume werden’s Ihnen danken.
Wer aber ritzte 1949 seine Initialen und die der Geliebten in einen Baum im Englischen Garten? Oder wer 1948 in Bogenhausen? Vor etlichen Jahren fand ich in einem Wald in Hessen die Botschaft eines "H. F.", eines französischen Kriegsgefangenen, der 1941 die Liebe zu seinem Land in einen Baum ritzte. "Prisonnier" und "Vive la France" stand da, gerade noch zu lesen. Was mag aus ihm geworden sein?
In diesem Sinne eine schöne Woche, Ihr Sigi Müller.
AZ-Fotograf und Stadtspaziergänger Sigi Müller. Foto: AZ
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