Vermieterin wirft behindertes Kind aus der Wohnung

MÜNCHEN - Entmietung brutal: Weil das Ehepaar Roman und Eva K. Mietschulden nicht beglichen hat, will der Vermieter sie und ihren behinderten Sohn auf unschöne Art aus der Wohnung schmeißen. Am Dienstag trafen sich die beiden Parteien vor dem Münchner Amtsgericht
Zoff mit ihrem Vermieter hat das Ehepaar Roman (52) und Eva K. (39). Der vorläufige Höhepunkt: Als sie nicht daheim waren, soll der Vermieter versucht haben ihr behindertes Kind und die Pflegerin aus der Wohnung zu werfen. Der Grund: Mietschulden in Höhe von 5 304 Euro. Gestern wurde der Streit vor dem Münchner Amtsgericht durch einen Vergleich vorerst beendet.
„Ich verstehe, dass man jemand aus der Wohnung haben will, wenn die Miete nicht bezahlt wird“, sagt Rechtsanwalt Oskar Derkacz, der das Ehepaar vor Gericht vertritt: „Dabei muss man sich aber an die Gesetze halten. Meines Wissens hat der Vermieter sogar das Schloss aufgebohrt, um in die Wohnung zu kommen. Ich habe ein Beweisfoto auf dem man Bohrspuren sieht.“
"Plötzlich standen zwei Frauen im Flur"
Es passierte am 12. November 2008. Die Pflegerin Krystyna K. (52) war damals mit Simon (18 Monate), der an dem Down-Syndrom leidet, allein daheim. Sie erinnert sich: „Ich weiß nicht mehr wie spät es war. Plötzlich klingelte und klopfte jemand wie wild an der Tür. Mir wurde ausdrücklich gesagt, ich sollte niemandem öffnen.“
Plötzlich standen zwei Frauen im Flur der 61 Quadratmeter großen Wohnung (2 Zimmer, Küche, Bad, Balkon, 738 Euro Warmmiete) in der Pickelstraße am Mittleren Ring. Krystyna K.: „Eine Frau schrie nur: ,Raus, raus, raus!’ Ich habe dann Eva und Roman angerufen.“ Als das Ehepaar daheim ankam durften sie noch ihre Koffer packen und wurden aus der Wohnung komplimentiert. „Es ging alles so schnell. Die hatten richtig Druck gemacht. Wir haben dann die Schlüssel abgegeben und sind zu Freunden“, sagt das Ehepaar.
Martina P. (24) von der Hausverwaltung schilderte den Fall vor Gericht etwas anders. Nachdem seit März 2008 keine Miete mehr bezahlt wurde, habe man dem Mieter gekündigt. Am 12. November sollte die Wohnung leer sein. „Wir hatten geklopft. Niemand öffnete. Mit einem Generalschlüssel haben wir die Tür nur einen Spalt geöffnet, um zu prüfen, ob die Wohnung leer ist.“ Das Aufbohren des Schlosses bestritt sie vehement.
Dank Anwalt Derkacz lebt die Familie wieder in ihrer alten Wohnung. In finanzielle Not geriet sie, als das Gehalt ausblieb. „Ich bin freier Trockenbauer. Oft zahlen die Firmen nicht“, sagt Roman K. Vielleicht dürfen sie ja weiterhin dort wohnen bleiben. Denn im Vergleich wurde festgehalten: Bis zum 30. April 2009 dürfen sie bleiben, wenn sie jetzt ihre Miete aufbringen und die Schulden abtragen. Das Sozialamt ist bereits eingeschaltet. Die Amtsrichterin mahnte noch: „Beide Parteien haben den Kopf zu lange in den Sand gesteckt.“
Torsten Huber