Verkehrte Verkehrs-Welt in München
MÜNCHEN - Mal zu groß und mal zu klein: Warum ein Hausmeister130 Euro Strafe zahlen muss fürs Schneeräumen – und ein IT-Spezialist für sein Öko-Auto keine Parklizenz bekommt.
Der Münchner, seine Autos und die Ordnungshüter: Mit zwei Entscheidungen haben Polizei und KVR Münchner Autofahrer irritiert und verärgert. Einmal war der Wagen zu groß, wie im Fall eines Münchner Hausmeisterdienstes, der seit sechs Jahren mit einem zum Schneepflug umgerüsteten Geländewagen herumfährt. Das geht jetzt nicht mehr: Das Fahrzeug ist angeblich nicht verkehrssicher. Ein anderes Mal war der Wagen zu klein – ein Computer-Techniker, der fünf Jahre problemlos einen Handwerker-Parkausweis bekam, steht auf einmal ohne Parklizenz da. Die AZ dokumentiert die Fälle.
Fall 1: Sigrid Lanz führt mit ihrem Mann einen Hausmeisterdienst, befreit zum Beispiel auch Höfe und Gehwege von Schnee und Eis. Dazu rückte sie mit einem Geländewagen mit montierter Schneeschaufel an. Bis Ende vergangener Woche.
Ein Polizist kontrollierte das Räumfahrzeug und erklärte, dass durch die Schaufel die zulässige Achslast des Fahrzeugs überschritten sei. Die Folge: 130 Euro Strafe und drei Punkte in Flensburg.
Die hohe Strafe ist begründet. Denn was harmlos klingt, kann im Ernstfall sehr gefährlich werden. „Die Achslast wird bei diesen Anbauten um bis zu 40 Prozent überschritten“, erklärt Polizeisprecher Stefan Sonntag. „Bei starkem Bremsen könnte das Fahrzeug deshalb nach vorne kippen.“
Sigrid Lanz, die diese Fahrzeuge vor sechs Jahren angeschafft hat: „Ich habe mich auf den Händler verlassen. Der hat gesagt, das passt. Genauso wie der Tüv.“ Der Polizeisprecher: „Der Fahrzeughalter ist selbst verantwortlich. Auch wenn etwas eingetragen ist, darf man sich nicht allein auf den Prüfer verlassen.“
Sigrid Lanz ärgert sich über den Tüv: „Die wissen doch, was ich und andere daran montieren und sagen nichts.“ Sie sucht nun eine Lösung für den nächsten Winter und muss ihr Räumfahrzeug wohl teuer umrüsten, um es verkehrssicher zu machen.
Fall 2: Fünf Jahre lang bekam Computer-Techniker Richard Siepmann für seinen kleinen Smart die Handwerker-Parklizenz für 265 Euro vom Kreisverwaltungsreferat (KVR). Doch damit ist jetzt Schluss: Die
Behörde lehnte seinen Plaketten-
Antrag für einen neuen, sparsamen Hybrid-Smart ab – weil er zu klein ist.
Die Begründung: Mit einem Smart können „typbedingt nur kleinere Werkzeuge bzw. Ersatzteile transportiert werden“. Siepmann kontert: „Alles, was ich brauche, passt rein.“ Also etwa neue Computer, Monitore, Ersatzteile und das Werkzeug.
Die Ausnahme-Genehmigung ermöglicht das Parken im eingeschränkten Halteverbot, an Parkuhren und Parkscheinautomaten und in Parkscheibenbereichen. Für einen mobilen Techniker wie Siepmann ist das sehr hilfreich.
Beim KVR sieht man das aber anders. Der Apple-Spezialist könne seine „kleineren Werkzeuge oder Ersatzteile“ ohne weiteres „von einem öffentlichen, legalen Parkplatz zum Kunden“ bringen. In einer Millionenstadt wie München sei das unvermeidbar, möglich und zumutbar.
„Das passt doch nicht zusammen“, findet Richard Siepmann. Wer ein großes Auto kaufe, das viel verbraucht, bekomme die Plakette – aber wer die Umwelt so weit wie möglich schone, bekomme sie nicht. Ch. Pfaffinger, R. Huber
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