Verkehrsberuhigte Schießstättstraße im Westend: Ist das Experiment ein Flop?

Westend - Der Wind pfeift, die Bäume rascheln, der sogenannte Mobility Hub für Radler ist leer. Hin und wieder rauscht ein Auto entlang, dessen Fahrer einen Parkplatz sucht. Vielleicht einen der 40 Stellplätze, die für zweieinhalb Monate weggefallen sind, für das Sommerexperiment an der Schießstättstraße.
Niemand sitzt auf den grünen Bänkchen, wie es eigentlich gedacht ist innerhalb des Projekts "Westend-Kiez", wozu die verkehrsberuhigte Schießstättstraße zählt. Da schmeißt ein Windstoß wuchtig ein Glas voller Stifte am "Visionsbaum" um, wo sich jeder schriftlich auf Kärtchen etwas wünschen und dranhängen darf. Möglichst was im Sinne der menschenfreundlicheren Stadt.
Das Glas fällt auf den Boden, es scheppert und zerbricht. Da eilt Wolfgang Gebhard hin, der gerade zufällig in sein Büro radelt. Parallel in der Parkstraße arbeitet er. Gebhard (55), überzeugter Radler, der sein Auto vor mehr als 20 Jahren abgeschafft hat, kehrt die Scherben auf. Er ist Mitinitiator des Experiments an der Schießstättstraße.
Sommerprojekt Schießstättstraße gescheitert?
Ob das Sommerprojekt schon gescheitert sei, bei so geringer Teilhabe? Gebhard schüttelt den Kopf. "Nein, es wäre eine Sensation, wenn es hier schon heute voll wäre, am dritten Tag!", sagt Gebhard. Aus seiner Erfahrung heraus brauche es seine Zeit, bis die Leute die Flächen, die jahrzehntelang für parkende Autos reserviert waren, wieder zurückerobern. Gebhard zeigt jetzt auf die Parkplätze. "Da schauen Sie", sagt er.

Tatsächlich tasten sich jetzt einige Passanten wie scheue Katzen an die Sitzgelegenheiten, schauen sich das Programm an, das dort hängt. Am Sonntagabend ist Musik geplant. Das Holzner Bernie Duo tritt auf. Auch da werde natürlich schon mehr los sein, sagt Gebhard. Währenddessen setzt sich tatsächlich ein junger Mann mit Rucksack, Kopfhörern und Baseball-Cap auf ein grünes Bänkchen. Er beschäftigt sich mit seinem Smartphone.

Absichtlich wenig Programm
"Wir wollten nicht jeden Tag mit Programm vollstopfen", sagt Gebhard. Er ist Kommunikationsdesigner. Man wolle nämlich die Anwohner nicht von heute auf morgen zu sehr mit Lautstärke belasten, die mehr Menschen eben mit sich brächten.
Es sei also ganz normal, dass die Leute die Fläche langsam nutzten. Hochbeete und Pflanzentröge stehen hier. Gebhard sagt: "Schon als wir die Pflanzen hergetragen haben, schwirrten Hummeln und Bienen um uns herum." Auch das sei ein Ziel des Projekts.