Verhinderter Doktorand: "Ich hänge seit Wochen in der Luft"

Das Theater geht weiter: Der Kommunist Kerem Schamberger kann seinen Job an der LMU immer noch nicht antreten – jetzt wegen der LMU.
Anja Perkuhn |
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Der Weg wird wohl noch ein weiter sein: Kerem Schamberger sollte am 1. Oktober als Doktorand anfangen.
Anja Perkuhn Der Weg wird wohl noch ein weiter sein: Kerem Schamberger sollte am 1. Oktober als Doktorand anfangen.

München – Kerem Schamberger ist wütend auf den Verfassungsschutz, daran hat sich nichts geändert – doch jetzt kommt noch Unverständnis dazu für seinen Arbeitgeber in spe: Der 30-jährige Münchner will endlich seine Stelle antreten als Doktorand am Institut für Kommunikationswissenschaft der LMU München, was dem bekennenden Kommunisten seit Oktober verwehrt ist, weil der bayerische Verfassungsschutz ihn überprüfte (AZ berichtete).

Nun ist der Prüfbericht des Verfassungsschutzes über ihn da, liegt wie angefordert dem LMU-Personaldezernat vor. Und es passiert: nichts.

"Die Unklarheit ist für mich am schlimmsten"

„Die Komödie geht in den zweiten Akt“, sagt Schamberger, „oder Tragödie, wie immer man das nennen möchte. Ich hänge seit Wochen in der Luft.“

Es geht ihm natürlich auch darum, dass er gern endlich arbeiten würde – da die LMU seinen Vertrag noch nicht unterzeichnet hat, bekommt er natürlich auch kein Gehalt. „Aber vor allem geht es mir um den Verfassungsschutz und die De-facto-Berufsverbote, die diese Behörde verhängen kann.“

Denn wer sich auf eine Stelle im öffentlichen Dienst bewirbt, muss einen Fragebogen zur „Prüfung der Verfassungstreue“ ausfüllen – und Schamberger ist unter anderem seit 13 Jahren Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP). Allerdings liegt die finale Entscheidungsgewalt beim Arbeitgeber, also in diesem Fall bei der Universität.

„Eine Einstellung könnte ja jetzt schnell vorgenommen werden, die die Stelle hat mein Professor für mich freigehalten“, sagt Schamberger. „Ich bekomme aber keine Auskunft, auch nicht meine Anwältin oder mein Professor. Keiner sagt uns irgendetwas. Die Unklarheit ist für mich am schlimmsten.“

Sein Professor hält die Stelle für ihn frei und plant mit ihm

Professor Michael Meyen ist ähnlich verzweifelt: Er hatte Schamberger ja schon als Doktorand für das Semester eingeplant, lobt ihn als Student und Mitarbeiter, unabhängig von seiner politischen Gesinnung. „Ich wollte ihn als Wissenschaftler haben, der mehr als nur Wissenschaft im Kopf hat.“ Die Verzögerung, glaubt er, habe möglicherweise auch mit der Befürchtung zu tun, sich den Vorwurf einzuhandeln, gegenüber öffentlichem Druck nachzugeben – nun also ein Verfahren nach Vorschrift. „Ich hoffe nur, dass durch das alles nicht sein Wunsch beeinträchtigt wird, wissenschaftlich zu arbeiten.“

Die LMU will sich weiterhin nicht zum Vorgang äußern – die Pressestelle verweist auf das laufende Personalverfahren: „Wir bleiben bei unserer Linie, Details über Herrn Schamberger in seinem Interesse nicht öffentlich diskutieren zu wollen.“

Über diese vermeintliche Rücksichtnahme lacht Schamberger nur kurz. „Was wollen sie denn da schützen? Sobald ich die Stellungnahme vom Verfassungsschutz vorliegen habe, werde ich sie sowieso veröffentlichen.“ Er ist bis zu einer Entscheidung sozusagen Privatwissenschaftler, fährt als Privatperson mit ehemaligen Kommilitonen und Michael Meyen auf Kommunikationswissenschafts-Konferenzen. „Mein Ziel ist, mich nicht aus der Wissenschaft rausdrängen zu lassen.“

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