Verhafteter Imam: Zwei Gesichter, vier Frauen

Seine zehn Kinder stammen nicht von drei - sondern von vier Frauen. Der Fall um Imam Abu Adam, der seiner Frau die Knochen gebrochen haben soll, wird immer verworrener.
von  Abendzeitung
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MÜNCHEN - Seine zehn Kinder stammen nicht von drei - sondern von vier Frauen. Der Fall um Imam Abu Adam, der seiner Frau die Knochen gebrochen haben soll, wird immer verworrener.

Er bekehrte einen Islamisten, der bereit war, als „Märtyrer“ Unschuldige zu töten. Er predigte jeden Freitag vor etwa 400 Muslimen für Gewaltlosigkeit und er schlichtete in Familien, in denen die Männer ihre Frauen verprügelten: Abu Adam, der Imam der Münchner Darul-Quran-Moschee. Unter den Fundamentalisten seiner Religion machte sich der 40-Jährige, der seit rund zehn Jahren in München lebt, damit auch Feinde. Er wurde sogar mit Mord bedroht, musste sich mit Leibwächtern schützen. Dieser Mann soll nun selbst gewalttätig gewesen sein und eine seiner drei Frauen mehrmals massiv verprügelt haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung. Eine Geschichte voller Widersprüche.

Allmählich kommen immer mehr Details ans Licht. Schon seit August soll der Imam seine Frau brutal verprügelt haben. Ursache war angeblich der Streit ums Sorgerecht: Abu Adam hat für alle seine zehn Kinder, die bei ihm in einer 130-Quadratmeter-Wohnung in Ramersdorf leben, das alleinige Sorgerecht. Nun will sich aber seine Drittfrau, eine gebürtige Syrerin, von Abu Adam trennen und die kleinen Töchter (11 und 30 Monate alt) mitnehmen.

Die 31-Jährige wirft dem Scheich vor, ihr im Sommer im Streit den Unterarm gebrochen zu haben. Im September soll er ihr das Nasenbein zertrümmert haben und im November die Schulter. Am 20. November schlug er ihr – so ihre Aussage – mit der Faust in die Rippen, drei Tage später ins Gesicht. Dabei ging ein Bügelbrett zu Bruch, mit dem Abu Adam auf die zierliche Frau stürzte. Schließlich soll er sie abends auch noch gewürgt und am nächsten Tag mit dem Fuß in den Bauch getreten haben. Am 24. November rief die Frau einen arabisch sprechenden Anwalt an, bat ihn um Hilfe. Der alarmierte die Polizei, die die Tür eintrat und die Frau aus der Wohnung holte – am 25. November erging Haftbefehl gegen den Scheich, seitdem sitzt er in U-Haft.

Gebetsmühlenartig beteuert der Imam hinter Gittern seine Unschuld: Er habe seine Frau nicht verletzt. Er lässt mitteilen, sie könne das Sorgerecht für die beiden Töchter zurück haben. Schon einmal hat sich eine Frau von Abu Adam getrennt: Seine zehn Kinder stammen nicht – wie bisher angenommen – von drei Frauen, sondern von vier: Die Mutter der beiden ältesten Kinder lebt nicht mehr bei ihm in Ramersdorf. Bleiben Abu Adams offizielle Erstfrau, eine Rumänin, mit der er fünf Kinder hat sowie die Zweit- und Drittfrau, mit denen er nach islamischem Recht verheiratet ist: Eine ist Deutsche, mit ihr hat er ein Kind. Mit der Syrerin hat er zwei. Die 14-köpfige Großfamilie lebt vom Einkommen des Imams als Religionslehrer in der Moschee (rund 2500 Euro monatlich), außerdem bekommt er für seine Kinderschar insgesamt 2063 Euro Kindergeld. Bald hat die Familie Anspruch auf weitere 430 Euro im Monat: Die deutsche Frau und die Rumänin sind im achten Monat schwanger.

Die beiden hochschwangeren Frauen kämpfen für den Vater ihrer Kinder: Sie beteuern, dass Abu Adam nie gewalttätig gewesen sei. Den Unterarm habe sich die Drittfrau in Norwegen gebrochen, das Bügelbrett sei bei anderer Gelegenheit zu Bruch gegangen.

Auch eine TV-Journalistin, die Abu Adam und seine Familie in drei Jahren mindestens zehn Mal besuchte, erlebte die Atmosphäre in der Familie immer als harmonisch. Die Münchnerin war sogar am 23. November, nachdem der etwa 90 Kilo schwere Scheich mitsamt Bügelbrett auf die Syrerin gefallen sein soll, mehr als zwei Stunden zu Besuch in der Wohnung. Die Journalistin sah die Frauen unverschleiert.

Zur AZ sagte sie: „Ich habe weder im Gesicht, noch an den Armen Verletzungen erkennen können. Auch atmosphärisch war nicht zu erkennen, dass es kurz zuvor einen schlimmen Streit gegeben haben soll.“ Ermittlungen wegen „häuslicher Gewalt“ sind immer schwierig. In diesem Fall – mit vier Ehe- und Ex-Frauen, bald zwölf Kindern und einer Journalistin als Zeugin – ist es für die Ermittler nicht einfacher, die Wahrheit herauszufinden. Nina Job

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