Vergwaltigung oder Verleumdung? Sex-Skandal erschüttert Grüne

Hat er eine junge Parteifreundin vergewaltigt? Oder ist er das Opfer einer Verleumdung? Max Hieber (24) hat sein Partei-Amt niedergelegt – und wehrt sich gegen die Vorwürfe.
Felix Müller und Ralph Hub |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Max Hieber bei einer Veranstaltung der Grünen Jugend Bayern.
privat Max Hieber bei einer Veranstaltung der Grünen Jugend Bayern.

München - In anderen Parteien mögen Altherren-Witze in kleiner Runde dazugehören, bei den Grünen ist der Kampf gegen Sexismus Alltag. Umso mehr gilt das für die Nachwuchsorganisation. Max Hieber hat sich in diesem Milieu wohlgefühlt. Mehr noch: Der 24-jährige Augsburger hat den Kampf gegen Sexismus zu seinem Thema gemacht. Dafür war er intern bekannt, er organisierte eine Tagung gegen sexuelle Übergriffe.

Ausgerechnet dieser Max Hieber soll eine Parteifreundin vergewaltigt haben? Die Nachricht sorgt Grünen-intern auch in München für erhebliche für Unruhe.

Sex, Lügen, Betrug: Diese Amtsträger bekamen 2016 Besuch vom Staatsanwalt

Hieber selbst hat vor Wochen sein Amt im Vorstand von Bayerns Grüner Jugend niedergelegt. „Wir waren verwundert“, sagt ein Insider darüber. „Er hatte überall einen guten Ruf.“

Erst jetzt wird bekannt, warum er zurücktrat: Ihm wird vorgeworfen, ein Vergewaltiger zu sein. Doch Hieber will sich wehren, er hat in München Anzeige wegen Verleumdung erstattet.

Nach einer Feier begleitete er die 17-Jährige nach Hause

Um diesen Vorwurf geht es: Nach einer Feier in Unterfranken am 22. Juli bot die 17-jährige Anna L. (Name geändert) ihm an, mit in ihrem Elternhaus zu übernachten. Dort hatten die beiden offenbar abwechselnden Oral-Verkehr – die Frage ist, ob er einvernehmlich stattfand.

In der Verleumdungs-Anzeige ist die Rede davon, dass auf der vorangegangenen Feier „in maßvollem Umfang“ Bier getrunken worden sei – etwa vier Bier pro Person. Die 17-Jährige habe den Sex „augenscheinlich genossen“ und „deutliche Laute der Zustimmung“ von sich gegeben. Sie habe sich nicht ablehnend geäußert. Am folgenden Morgen habe der Gast mit der Familie gefrühstückt. Aus dem Protokoll eines SMS-Chats, das der AZ vorliegt, geht hevor, dass die beiden sich später vertraut austauschten:

„Ach Max das hätte echt nicht passieren dürfen und ich war einfach zu betrunken um nein zu sagen und es ist grad echt alles n bisschen scheiße“, schreibt Anna.

Im weiteren Verlauf betont sie, es sei „nicht persönlich“ gegen ihn gerichtet. Und fügt an: „Ich hab jetzt hart Stress mit meinem quasi Freund.“

Auf einer von Hieber mitorganisierten Veranstaltung gegen sexuelle Übergriffe im Oktober in Nürnberg soll Anna ihn als Vergewaltiger bezeichnet haben. Nach Darstellung von Hiebers Anwalt Alexander Stevens wurde er gedrängt, sein Amt im Vorstand niederzulegen. Anzeige erstattete Anna nicht – aber ihre Anwältin forderte Hieber auf, sich nicht öffentlich zu dem Vorgang zu äußern.

Hieber wehrt sich gegen die Vorwürfe

Jetzt wehrt sich Hieber per Anzeige. Die Staatsanwaltschaft München 1 hat den Fall an die Kollegen in Aschaffenburg weitergegeben. Diese ermitteln in der Sache. Max Hieber gibt sich kämpferisch. „Mich als Vergewaltiger zu bezeichnen, ist der schlimmste Vorwurf, den man mir als Mensch machen kann“, schreibt er an Parteifreunde. „Sämtliche Grundwerte und Überzeugungen, die ich lebe, waren zunächst nach dem Vorwurf zerbrochen.“

Er habe ein reines Gewissen und vertraue dem Rechtsstaat, „diese unsägliche Angelegenheit einer fairen und sachlichen juristischen Klärung zuzuführen“. Mit der Politik soll noch nicht Schluss sein. „Eine Rückkehr in die Politik kann ich mir nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens vorstellen“, sagte er der AZ, „ich möchte aber davon Abstand nehmen, bis dieser Vorfall restlos aufgeklärt ist.“ Bayerns Grüne Jugend selbst verweist offiziell auf die laufenden Ermittlungen – und erklärt, man stehe für eine Politik, die Opfer von sexualisierter Gewalt besser schützt und Täter konsequent verfolgt. Im Fall in den eigenen Reihen ist längst nicht klar, wer Opfer ist und wer Täter.


AZ-Interview mit Marcel Rohrlack

Die Grüne Jugend kämpft gegen Sexismus. Ihr München-Chef erklärt die Strategie.


Der 19-Jährige ist Chef der Münchner Grünen Jugend.    Foto: Andreas Gregor

AZ: Herr Rohrlack, ist die Grünen-Jugend eine Sexismus-freie Zone?
MARCEL ROHRLACK: Sexismus und sexualisierte Gewalt gibt es in allen gesellschaftlichen Bereichen. Man lernt dieses Verhalten früh – und legt es dann natürlich auch nicht sofort ab, weil man bei der Grünen Jugend ist.

Worum geht es?
Oft um bestimmte Verhaltensweisen, etwa darum, wie gesprochen wird, also zum Beispiel ein männliches Redeverhalten, dass Frauen schneller unterbrochen worden.

Welche Maßnahmen ergreifen Sie auf internen Partys, um Übergriffe zu vermeiden?
Wir bilden bei unseren Kongressen Awareness-Gruppen: ein paar Leute, die eine ausgleichende Art haben und denen wir vertrauen. Die Handy-Nummern dieser Leute werden verteilt und sie stehen zur Verfügung bei Problemen – auch am Abend bei Partys.

Um welche Probleme kümmern sich die Gruppen?
Um ganz verschiedene und natürlich nicht nur um sexualisierte Gewalt. Es kann sein, dass jemandem eine Situation unangenehm ist, dass er sich unwohl fühlt. Gerade bei jungen Menschen ist es uns wichtig zu sagen: Ja heißt ja. Für körperliche Nähe braucht es immer das klare Eingeständnis, dass es okay ist.

Hat Ihre Einsatzgruppe denn Erfolg?
Meines Erachtens haben wir gute Erfahrungen gemacht. Man kann Konflikte so oft schnell lösen. Auch Jungpolitiker haben die Probleme, die auch sonst in der Jugendarbeit auftauchen.

Max Hieber war aktiv gegen Sexismus – und wird jetzt selbst sexualisierter Gewalt bezichtigt.
Ich kann und will mich dazu jetzt nicht äußern.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.