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Vergewaltigung in Münchner U-Bahnhof: Prozess sorgt für internationale Spannungen

Der Fall eines jungen Polen, der nachts in einem Münchner U-Bahnhof vergewaltigt worden sein soll, schlug international Wellen. Vor Gericht schweigt der Angeklagte – seine Anwältin erhebt Vorwürfe.
von  jot/dpa
Der wegen Vergewaltigung eines jungen Polen Angeklagte (vorne) sitzt anlässlich des Prozessauftakts im Gerichtssaal vor seiner Rechtsanwältin Rita Drar (l) und einer Justizbeamtin. Der Fall hatte im vergangenen Jahr zu diplomatischen Verwicklungen mit Polen geführt, weil die damalige Regierung die deutsche Migrationspolitik für den Fall verantwortlich machte.
Der wegen Vergewaltigung eines jungen Polen Angeklagte (vorne) sitzt anlässlich des Prozessauftakts im Gerichtssaal vor seiner Rechtsanwältin Rita Drar (l) und einer Justizbeamtin. Der Fall hatte im vergangenen Jahr zu diplomatischen Verwicklungen mit Polen geführt, weil die damalige Regierung die deutsche Migrationspolitik für den Fall verantwortlich machte. © dpa/Lennart Preiss

München - Im Prozess um die Vergewaltigung eines jungen Polen in der U-Bahn-Station am Max-Weber-Platz setzt es zu Beginn gleich mal geharnischte Kritik vonseiten der Verteidigerbank. In einem Anfangs-Statement nach Verlesung der Anklage am Freitag lässt Rechtsanwältin Rita Drar, die den 21-jährigen Afghanen vertritt, kein gutes Haar am Verhalten der Münchner Polizei und der Berichterstattung in den Medien.

Die Polizei habe in einer Meldung nach der Tat zunächst fälschlicherweise mitgeteilt, sagt Drar, die Vergewaltigung hätte mehrere Stunden gedauert. Das wurde zwar am nächsten Tag korrigiert, aber, so Drar: "Da war das Kind aber schon in den Brunnen gefallen." Die Nationalität ihres Mandanten sei noch am selben Tag durch alle Medien gegangen. Nur deshalb habe der Fall international Schlagzeilen gemacht, kritisierte die Anwältin. Die Tat wurde zum Politikum. Politik habe aber "in einem Strafverfahren nichts zu suchen".

Der Fall habe den bayerischen Landtag beschäftigt, die Nationalität ihres Mandanten sei zum Thema und in der Folge in der Diskussion um den Vorfall rassistisch instrumentalisiert worden.

Deutscher Gesandter einbestellt

Polnische Politiker hatten tatsächlich der deutschen Migrationspolitik die Schuld an dem Vorfall gegeben. Der deutsche Gesandte in Warschau sei damals ins Außenministerium einbestellt worden. Deutschland wurde aufgefordert, in einer Informationskampagne auf die Gefahr hinzuweisen, dass auch polnische Staatsbürger Opfer solcher Straftaten werden könnten.

Der damalige nationalkonservative Ministerpräsident Mateusz Morawiecki forderte die Einbeziehung polnischer Staatsanwälte in die Ermittlungen und erklärte: "Ein junger Pole ist in München Opfer einer Vergewaltigung durch einen Migranten aus Afghanistan geworden. Das sind die Folgen der Politik der offenen Grenzen." Gleichwohl scheint das Interesse an dem Fall in Polen inzwischen abgekühlt zu sein. Der große Andrang polnischer Berichterstatter bleibt beim Auftakt jedenfalls aus.

Auf die Frage des Gerichts, ob sich ihr Mandant zur Sache und seinen persönlichen Verhältnissen einlassen wird, erklärt die Verteidigerin, dass sich der Angeklagte "schweigend verteidigen" werde, er also nichts sagen möchte.

Der polnische Tourist, der zuvor in einem Pub in der Altstadt reichlich Alkohol konsumiert hatte, war laut Anklage betrunken und wehrlos. Das nutzte der Täter aus, um ihn eine halbe Stunde lang zu missbrauchen. In der Zeit soll er ihn auch mehrfach vergewaltigt haben. Die U-Bahn fuhr nicht mehr. Folgerichtig war auch niemand da, der dem Opfer hätte helfen können. 

Das damals 18-jährige Opfer muss nicht persönlich zum Prozess erscheinen. Die Beweislast scheint gleichwohl erdrückend. Videokameras in der U-Bahn-Station haben den gesamten Vorfall aufgenommen.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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